Frauen-EM: Es geht um Neid

Vor dem EM-Viertelfinale der Frauen-Fußball-EM am Sonntag gegen Italien: Bei einer Pleite stünde der Job der Bundestrainerin Silvia Neid zur Debatte – noch gibt ihr Präsident Wolfgang Niersbach Rückendeckung.
von  av

Växjö - Man kann es so sehen: Es war der rechtzeitige Schuss vor den Bug. Gegen die B-Elf der Norwegerinnen hatten die DFB-Frauen 0:1 verloren und zum ersten Mal seit 16 Jahren eine EM-Vorrunde nicht als Gruppensieger beendet.

Der Beweistermin, das sie es besser können: das Viertelfinalspiel am Sonntag in Växjö (18 Uhr, ARD und Eurosport live) gegen die Italienerinnen. Die deutschen Fußballfrauen sind angezählt – wie auch Bundestrainerin Silvia Neid.

Schon vor der EM waren Stimmen, vor allem von Bernd Schröder, dem Trainer von Turbine Potsdam, laut geworden, die an Neid zweifelten. Zuletzt sagte er, dass Neid im Fall eines frühen Scheiterns "nicht zu halten" sei. "Wenn wir vorzeitig ausscheiden, muss über alles geredet werden, was rund um die Nationalelf passiert. Dann steht auch die Bundestrainerin im Fokus."

Neid selbst begegnete der Kritik in diesen Tagen mit Gelassenheit: "Ich habe es gelesen, aber ich beschäftige mich nicht damit. Ich habe ein dickeres Fell als vor zwei Jahren. Das tut mir und der Mannschaft gut."

Diese Entspanntheit demonstrierte die Mannschaft vor allem am Tag vor der desolaten Niederlage gegen die Norwegerinnen, als die Spielerinnen noch einen Urlaubstag am Strand auf der Insel Öland einlegten, auf der sie ihr Quartier haben.

Die Anspannung kam wohl erst, als sich die Niederlage gegen Norwegen nicht mehr drehen ließ. Wolfgang Niersbach fühlte sich deswegen am Freitag auf den Plan gerufen. Als Beruhiger der gesamten Situation vor dem Viertelfinalspiel gegen die Italienerinnen sprach er Neid das Vertrauen aus.

"Sie hat im Frauenfußball alles erlebt und weiß am besten, wie sie ihr Team jetzt einstellen muss", sagte Niersbach, der am Sonntag gemeinsam mit Generalsekretär Helmut Sandrock zum Viertelfinale nach Schweden reisen wird.

Er will der Mannschaft zeigen, "dass wir hinter ihr stehen", sagte er. Torfrau und Spielführerin Nadine Angerer wertete das als gutes Zeichen: "Es zeigt, dass wir in guten wie in schlechten Zeiten zusammenhalten."

Mit Blick auf das Italien-Spiel sagte sie: "Uns ist bewusst, dass wir mit einer Leistung wie gegen Norwegen nicht weiterkommen." Trotzdem scheint bei den Deutschen angekommen zu sein, dass sich auch in den anderen Ländern der Frauenfußball weiter entwickelt hat.

"Gerade die Partie England gegen Spanien hat gezeigt, dass alle hier zusammengerückt sind. Das Niveau hat sich deutlich verbessert", sagte Neid. Zum Leidwesen der Deutschen, die ihre Vormachtstellung – seit 1995 fünfmal Europameister in Serie – eingebüßt haben

"Wir haben viele junge Spielerinnen mit tollen Perspektiven im Kader, die bei dieser EM wichtige Erfahrungen sammeln. Uns war schon vor dem Turnier klar, dass sich der Frauenfußball auch in anderen Ländern weiter entwickelt und die Mannschaften näher zusammenrücken", so Niersbach. Die Frage ist nur, ob die deutschen Frauen bei dieser Entwicklung mitziehen.

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