Flick und fertig? Der Bundestrainer muss um seinen Job kämpfen

Der Bundestrainer und speziell DFB-Direktor Bierhoff stehen nach dem erneuten Scheitern in der Vorrunde in der Kritik. Müssen sie gehen? Die AZ beantwortet die wichtigsten Fragen.
von  AZ
Bundestrainer Hansi Flick und DFB-Direktor Oliver Bierhoff stehen nach dem WM-Vorrunden-Aus in der Kritik.
Bundestrainer Hansi Flick und DFB-Direktor Oliver Bierhoff stehen nach dem WM-Vorrunden-Aus in der Kritik. © Arne Dedert/dpa

Von Olaf Scholz eine SMS zu bekommen, ist prinzipiell schon mal eine Auszeichnung und aller Ehren wert. Doch im Fall von Hansi Flick und der Kommunikation von Bundeskanzler zu Bundestrainer drückte es am Tag nach dem 4:2 gegen Costa Rica aus, dass etwas gehörig schiefgelaufen sein muss.

Der Kanzler habe eine "freundliche SMS" geschrieben - und dabei auch "herzliche Grüße an die Spieler der deutschen Nationalmannschaft ausgerichtet", sagte Regierungssprecher Wolfgang Büchner. Scholz habe sich "betrübt" über das Ausscheiden der Nationalmannschaft bei der WM in Katar gezeigt. Zu einem Empfang im Kanzleramt oder gar von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier im Schloss Bellevue hätte es schon eines Finaleinzuges bedurft.

Flick und Bierhoff müssen beim DFB-Präsidium antreten

Und so darf Flick nächste Woche nicht Scholz oder Steinmeier die Hände schütteln, sondern muss mit DFB-Direktor Oliver Bierhoff bei Präsident Bernd Neuendorf und Vize Hans-Joachim Watzke antanzen. Flick und Bierhoff haben einen Vertrag bis zur Heim EM-2024. Was wird aus den beiden, die bei der Abfahrt des Teambusses aus dem "Beduinenzelt" von Al-Khor um 1.46 Uhr Ortszeit die Köpfe zusammengesteckt hatten? Sie können gut miteinander. Dass nur einer der beiden seinen Job demnächst verliert, erscheint unwahrscheinlich. Wie geht es weiter?

Was wird aus Flick? Wenn er nicht so von sich aus geht, wonach es aussieht ("Mir macht es Spaß, wir haben gute Spieler, die nachkommen, an mir wird's nicht liegen"), muss er wohl wie einst Joachim Löw mit sanftem Druck davon überzeugt werden, seinen Hut zu nehmen.

Doch der DFB will unter allen Umständen ein Szenario eines Dann-eben-weiter-so vermeiden und nicht denselben Fehler begehen, den man gemacht hat, als man nach dem ebenso schockierenden Vorrunden-Aus bei der WM in Russland die sehr erfolgreiche, aber am Ende dann bleierne Ära von Löw künstlich verlängert hatte. Die Kritiker sind laut, werden lauter werden. Sky-Experte Dietmar Hamann hält es "für ausgeschlossen, dass wir mit dem Trainer weitermachen können". Michael Ballack, "Capitano" des WM-Dritten von 2006, forderte: "Es gehört beim DFB dazu, dass jede Position hinterfragt wird. Da gehört auch der Trainer dazu. Alle." Sogar Flicks Freund Lothar Matthäus hatte dem Bundestrainer vorgeworfen, er habe sich "vercoacht".

Wer könnte auf Flick folgen?

Wer stünde bereit? Thomas Tuchel könnte der erste Ansprechpartner sein, weil der frühere BVB-Coach nach seiner Entlassung beim FC Chelsea im September aktuell ohne Job ist. Aber möchte der 49-Jährige eine Nationalelf betreuen? Er soll, so heißt es, nach Engagements bei Chelsea und Paris St.-Germain, eher auf einen erneuten Job bei einem europäischen Topklub spekulieren. Jürgen Klopp (55) dagegen müsste erst beim FC Liverpool weggelobt werden. Erst im April hatte der Volksheld der Reds seinen Vertrag bis 2026 verlängert. Dennoch wäre der Lockruf des DFB die eleganteste Exit-Strategie für den so eloquenten Menschenfänger, um nach all den Erfolgen mit Liverpool in einer Saison, in der es nicht so läuft, in Frieden gehen zu können. Und der Ruf, Nationaltrainer seines Heimatlandes zu werden, kommt wohl auch nur einmal im Leben.

Bierhoff schließt Rücktritt aus

Was wird aus Bierhoff? Der 54-Jährige verantwortete das dritte vorzeitige Turnier-Aus hintereinander, steht bei vielen Fans für die Entfremdung der Nationalelf von der Basis. Fragen nach seinem möglichen Abschied moderierte er geschickt weg, sagte zu einem möglichen Rücktritt: "Das schließe ich gerade aus." Außerdem habe er die Entscheidung nicht in der Hand. Richtig, die hat das DFB-Präsidium. Er weiß wohl, was kommt. Schließlich gilt Watzke als Bierhoff-Kritiker.

Wer stünde bereit? Ein Kandidat könnte der Ex-Sportvorstand des VfB Stuttgart werden, Thomas Hitzlsperger (40). Der gebürtige Münchner gilt als Intimus von OK-Chef Philipp Lahm, dem Organisationschef der Heim-EM 2024. Max Eberl, in der Branche als Macher und Manager hochgeschätzt, tritt demnächst seinen Job als Sportdirektor bei RB Leipzig an. Hat er sich zu früh festgelegt?

merken
Nicht mehr merken
X

Sie haben den Inhalt der Merkliste hinzugefügt.