Feldherr und der billige Retter
Im Winter kauft Wolfsburgs streitbarer Trainer Magath acht Spieler aus ganz Europa – für rund 30 Millionen Euro. Das Siegtor gegen Köln erzielt aber ein 20-Jähriger Niedersachse namens Polter.
Wolfsburg - Würde im Profikader des VfL Wolfsburg irgendwann einmal ein Casting veranstaltet, wer denn heutzutage den früheren germanischen Vorfahren in der norddeutschen Tiefebene am ähnlichsten sehe, Sebastian Polter wäre der Siegertyp: 1,92 Meter, 83 Kilo, kräftiges Kreuz, stramme Beine, blond, Seitenscheitel. Er sieht nicht nur aus wie ein erdverwachsener Niedersachse; er ist auch einer. Geburtsort Wilhelmshaven, direkt von der Küste sozusagen.
Seine Ausbildung in Sachen Fußball hat Polter in Bremen und Braunschweig genossen, der Schliff erfolgt seit vier Jahren Wolfsburg. „Dafür arbeite ich in jedem Training hart”, hat der 20-Jährige nun nach dem 1:0 gegen den 1. FC Köln gesagt. Es war die Botschaft des Tages, denn nicht einer der acht millionenschweren Neuzugänge, sondern die interne Billiglösung besorgte fürs runderneuerte Werksteam das Siegtor (78.).
In Polters Bundesliga-Bilanz stehen nun drei (Teilzeit-)Einsätze und zwei 1:0-Treffer – schon zum Hinrunden-Kehraus gegen Stuttgart war Polter zur Stelle gewesen. Neben dem verletzten Torjäger Mario Mandzukic ist das Eigengewächs im Magath-Aufgebot der Einzige, der den Stoßstürmer geben kann, weil ja Angestellte wie Srdjan Lakic oder Patrick Helmes beim Zuchtmeister durchs Rüttelsieb gerauscht sind.
Ein Sonderlob bekam der Matchwinner aber deswegen nicht. „Er ist ein Stürmer, und der ist dazu da, das entscheidende Tor zu schießen”, sagte der 58-Jährige knapp, „auch bei ihm gibt es noch Steigerungsbedarf.” Und im „ZDF-Sportstudio” fügte Magath süffisant grinsend noch hinzu: „Ich heiße ja Felix und das bedeutet Glück. Schon Napoleon – oder wer das war – wusste, dass man als Führer oder Feldherr Fortune braucht.” Und er habe eben Glück.
Ob das auch für seine acht – für insgesamt 30 Millionen Euro geholten – Winterzugänge gilt? Fünf von ihnen spielten gegen Köln: Der fast acht Millionen teure Linksverteidiger Ricardo Rodriguez (kam vom FC Zürich) agierte wie Mittelfeldmann Petr Jiracek (Viktoria Pilsen) und Einwechselspieler Giovanni Sio (FC Sion) mit mehr Licht als Schatten – im Gegensatz zu Innenverteidiger Felipe Lopes (Funchal) und Angreifer Vieirinha (PAOK Saloniki). Magath urteilte über die Neuen nur im Kollektiv: „Bei einigen hat man gesehen, dass das Tempo in der besten Liga der Welt für sie noch zu hoch ist, aber sie steigern unser fußballerisches Potenzial.”
Für Magath ist nun zuvorderst der Druck fürs Auswärtsspiel am Samstag beim FC Bayern gelindert. „Unser Sieg gegen Köln war auch deshalb so wichtig, weil wir in der nächsten Woche beim kommenden Meister antreten.” So ist eben ein guter Feldherr – er hat nicht nur Glück, er ist auch Stratege.