FC Bayern: Warum Joshua Kimmich das größtes Dilemma von Joachim Löw zeigt

Joshua Kimmich ist im DFB-Team längst zum Meinungsführer aufgestiegen. Auch aus einem anderen Grund ist der Youngster des FC Bayern in der deutschen Nationalmannschaft längst unersetzlich. Und das ist ein Problem für Joachim Löw.
von  Patrick Mayer
Vertraute: Joshua Kimmich (li.) und Bundestrainer Joachim Löw.
Vertraute: Joshua Kimmich (li.) und Bundestrainer Joachim Löw. © imago/Xinhua

Joshua Kimmich ist im DFB-Team längst zum Meinungsführer aufgestiegen. Auch aus einem anderen Grund ist der Youngster des FC Bayern in der deutschen Nationalmannschaft unersetzlich. Und das ist ein Problem für Joachim Löw.

München/Eppan - Im Juli 2012 war sie wieder da beim DFB-Team: die Leader-Diskussion. Deutschland hatte gerade gegen Italien das EM-Halbfinale verloren - und das als hoher Favorit wohl gemerkt.

Philipp Lahm, Bastian Schweinsteiger, Mats Hummels - sie alle wurden bezüglich Leitwolf-Mentalität in Frage gestellt. Zwei Jahre später machten sie Deutschland zum Weltmeister in Brasilien. Joshua Kimmich vom FC Bayern war damals, im Juni 2012, gerade mal 17 Jahre jung. An eine Karriere in der deutschen Nationalmannschaft vermochte er damals noch nicht zu denken. Auch nicht daran, dass er einmal vor der Fußball-WM 2018 der groß0e Hoffnungsträger für Deutschland sein würde.

Joshua Kimmich ist Meinungsführer

Meinungsführer ist er längst. "Klar, kann man sagen, dass es ein Einstellungsproblem ist, wenn man nicht richtig in die Zweikämpfe kommt. Wenn man Ballverluste drin hat, solche Fehler macht, kann man es immer auf die Einstellung schieben", sagte der heute 23-Jährige auf AZ-Nachfrage zur dürftigen Vorstellung beim 1:2 gegen Österreich: "Jeder muss bei sich selber schauen, anfangen, zu bohren, was er nicht gut gemacht hat."

Kimmich meinte weiter, dass er "jetzt keine Videositzung dazu machen" werde, lachte und war doch ernst, als er davon erzählte, sich ein wenig müde gefühlt zu haben. Kein Wunder.

Wie "sportschau.de" schreibt, spielte der Schwabe in der abgelaufenen Saison für den FC Bayern in 47 Pflichtspielen mehr als 4.000 Minuten, was knapp 70 Stunden auf dem Platz entspricht. Zum Vergleich: Weltmeister Mats Hummels kam auf mehr als 3.600 Minuten, Müller auf knapp mehr als 3.200 Minuten. Beide wurden zuletzt bei der Niederlage in Klagenfurt geschont.

Joshua Kimmich spielt immer

Mehr noch: Von den vergangenen 27 Länderspielen bestritt Kimmich 26 über die vollen 90 Minuten. Für Bundestrainer Joachim Löw ist er unverzichtbar. Kein Zweifel. "Joshua ist eines der allergrößten Talente, die ich in den letzten zehn Jahren gesehen habe. Er hat diesen Biss und diesen Hunger, in jedem Training an seine Leistungsgrenze zu gehen", hatte Löw beim Confed-Cup-Sieg 2017 gesagt.  Kimmich war damals (wie heute) der Leader, ein Leitwolf auf dem Platz, legte sich etwa mit Bayern-Kollege Arturo Vidal an.

Und trotz dieser Führungsqualitäten zeigt der frühere Stuttgarter und Leipziger auch ein Dilemma von Löw vor der WM 2018. Denn: Was, wenn Kimmich ausfällt? Was, wenn er mangels Pausen nicht an sein Limit gehen kann?

Vertraute: Joshua Kimmich (li.) und Bundestrainer Joachim Löw.
Vertraute: Joshua Kimmich (li.) und Bundestrainer Joachim Löw. © imago/Xinhua

"Gerade auf den Außenpositionen haben wir nicht allzu viele Spieler, die permanent auch international spielen. Ich würde mir wünschen, dass wir die Position in Zukunft mehrfach besetzen könnten", monierte der Bundestrainer im vergangenen Herbst während der WM-Qualifikation. Und sagte einen vielsagenden Satz: "Rechts ist nur Joshua Kimmich auf ganz hohem internationalen Niveau, die anderen müssen noch ein bisschen reifen."

Fluch und Segen für Joachim Löw

Über die linke Außenverteidigerposition sprach er erst gar nicht. Doch auch die rechte Seite birgt ein Risiko. Kimmich fehlt ein wirklicher Back-up, eine Alternative, einer, der ihn entlasten könnte. Sebastian Rudy könnte diese Position spielen - theoretisch. Doch der schwäbische Bayern-Kollege hat vielmehr mit seinen zuletzt fahrigen Auftritten im Mittelfeld zu kämpfen.

Auch Antonio Rüdiger könnte rechts hinten spielen - theoretisch. Doch der hochgewachsene Chelsea-Verteidiger wankte gegen Österreich ebenfalls bedenklich und ist für die Außen nicht mehr als eine Notfalllösung. Rechts hinten durfte früher auch Jerome Boateng ran. Unter anderem in besagtem dramatischen EM-Halbfinale 2012 gegen Italien. Doch der Berliner aus München ist derzeit erst im Aufbautraining.

So hängt alles von Kimmich ab, dass er als rechter Außenverteidiger mit seinen fein geschnittenen Flanken und seiner unvermittelten Torgefahr weiter liefert. Ansonsten wird der Segen Löws, immerhin einen Weltklasse-Außenverteidiger zu haben, schnell zum Fluch, nur einen mit nach Russland nehmen zu können.

Lesen Sie hier: AZ-Kommentar: Löw muss Süle statt Boateng aufstellen

Im Video: Neben Deutschland: Das sind die WM-Favoriten in Russland

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