FC-Bayern-Star Jerome Boateng: Der Chefkritiker - auch beim DFB
München - Wenn Jérôme Boateng in Berlin ist, in seiner Stadt, dann zeigt er den Jungs gerne die Welt. Am Samstagabend führte er seine Kumpel Antonio Rüdiger, Leroy Sané und Julian Draxler aus, gemeinsam ging es ins "Huxleys Neue Welt" im Berliner Bezirk Neukölln zum Konzert der US-Hip-Hop-Gruppe "Migos".
Aufgedreht hatte die Boateng-Gang ebenfalls: den "Swag". Rein stilistisch war alles geboten, was die aktuellen Modetrends derzeit hergeben. Was man dafür braucht: Coole Kappen, manchmal Kopfhörer drüber, zu lange Shirts, weite Hosen, am besten im Camouflage-Muster und farbige Astronauten-Sneaker (mit verschieden farbigen Schnürsenkeln!).
Am Dienstag spielt Boateng, im Job Wahl-Bayer, wieder Fußball. Gegen Brasilien in Berlin. "Das ist etwas ganz Besonderes hier in meiner Heimatstadt, davon habe ich als kleines Kind geträumt: In Berlin gegen Brasilien zu spielen. Ich freue mich riesig", sagte der 29-Jährige am Montag in der Hauptstadt.
Jérôme Boateng: Müssen gegen starke Mannschaften spielen
Die Seleção sei für ihn "eine der Top-Mannschaften in der Welt, es ist ein sehr guter Test für uns vor der WM. Es hilft uns weiter, gegen starke Mannschaften zu spielen."
Um Fehler zu minimieren. Davon hatte die Defensive in der Anfangsphase des Testspiels gegen Spanien (1:1) eine Menge gemacht. Für Boateng (AZ-Note 3 - hier geht's zur Einzelkritik) waren es: zu viele. Auf die Frage, was bis zur WM in Russland besser werden müsse, antwortete der Innenverteidiger: "Alles!" Konkreter: "Chancenverwertung, Passspiel, Zielstrebigkeit zum Tor, das Zusammenarbeiten in der Mannschaft sowie das Umschaltspiel." Die Konter, die Jogi Löws Mannen sich eingefangen habe, "gehen gar nicht. Wenn wir so spielen, immer einen Schritt zu spät sind, spielt eine Mannschaft wie Spanien Katz und Maus mit dir."
Achtung! Hier spricht der Chefkritiker: Boss Boateng. Auch nach Spielen des FC Bayern, ob gewonnen oder nicht, fällt auf, dass er es ist, der immer klare und deutliche Worte wählt, während manche Teamkollegen Schwachstellen verbal vorsichtig umkurven.
Das sagt Boateng über seine Kritik zum Spanien-Spiel
Auf seine Kritik angesprochen, sagte Boateng in Berlin: "Ich habe das Spiel so gesehen. Was ich gesagt habe, fand ich nicht so schlimm." Steht ihm zu nach 69 Länderspielen. Bei Einsatz Nummer 70 dürfte Boateng DFB-Kapitän sein, da der angeschlagene Sami Khedira wohl geschont wird – das hat Bundestrainer Löw bestätigt. "Ich finde es besser, die Sachen klar anzusprechen, als das verstreichen zu lassen, so dass wir, dann – wenn es drauf ankommt – uns alle blöd angucken", warnte Boateng, aufgewachsen im Berliner Bezirk Wilmersdorf, seine Halbbrüder Kevin-Prince (heute bei Eintracht Frankfurt) und George in Wedding.
Drei Länderspiele wurden in der Hauptstadt ausgetragen seit Boatengs Debüt im DFB-Trikot, seit jenem 1:0 in Russland im Oktober 2009, einem WM-Qualifikationsspiel in Moskau. Die Partie ging in die Geschichte ein – wegen Boateng. Flog doch der damals 21-jährige HSV-Profi als erster deutscher Nationalspieler bei seiner Premiere vom Platz, mit Gelb-Rot.
Boatengs Berlin-Bilanz ist gemischt: Einerseits wurde er im Olympiastadion mit Bayern drei Mal Pokalsieger: 2013, 2014 und 2016. Doch als Nationalspieler sollte es nicht sein mit einem Glücksgefühl an Berliner Luft. Beim 3:0 gegen die Türkei im Oktober 2010 saß er 90 Minuten auf der Bank. Zwei Jahre später gegen Schweden befand er sich als Rechtsverteidiger im Zentrum des Debakels. Die DFB-Elf gab eine 4:0-Führung nach 56 Minuten aus der Hand, auch Boateng war nicht frei von Schuld. Als die DFB-Auswahl bei ihrer letzten Berlin-Stippvisite im März 2016 gegen England mit 2:3 verlor, fehlte er wegen eines Muskelbündelrisses.
Am Dienstag will er wieder aufdrehen: die Leistung.
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