Nach 19 Jahren jetzt ein Wechsel: Das ist die neue Macht-Achse beim DFB

München - Fast 20 Jahre lang war das Amt des wichtigsten Trainers hierzulande in baden-württembergischer Hand. Klinsmann, Löw, Flick. Högdsche Konzentration aus einem Bundesland.
Im Sommer 2004 erhielt Jürgen Klinsmann, gebürtig in Göppingen, rund 40 Kilometer östlich von Stuttgart, den Job des Nationaltrainers. Nach dem Sommermärchen WM 2006 machte sich der ehemalige VfB-Stürmer aus dem Staub und übergab an seinen Assistenten, den früheren Freiburger Angreifer, Joachim Löw. Sein unverwechselbares badisch-hochdeutsch ("Wir hätten unsere Chancen scho au verwerte könne") prägte die Turniere von 2008 bis 2021, danach war Schluss für den Schwarzwälder aus Schönau.
Seit dem 22. September: Volle Bayern-Power für den DFB
Der DFB vertraute Hansi Flick, geboren in Heidelberg, die Nationalelf an. Göppingen, Schönau, Heidelberg - das Bundestrainer-Dreistädte-Eck war stilprägend bis zum 10. September. Doch für "The Länd" wie eine Imagekampagne Baden-Württemberg bezeichnet, gilt: 's isch over.
Seit dem 22. September regiert der Freistaat Bayern die Nationalelf. Mit dem "Servus" von Julian Nagelsmann unter den Vertrag bis zur Heim-EM 2024 unterschrieben auch seine Assistenten Sandro Wagner und Benjamin Glück ihre Verträge. Drei Bayern, drei Hoffnungsträger - wo sind ihre Wurzeln, wo haben sie Spuren hinterlassen?
Eine Übersicht zu Nagelsmanns Bayern-Connection, die mit dem neu zusammengestellten DFB-Kader in die USA aufgebrochen ist zu den beiden Testspielen gegen Gastgeber USA und Mexiko:
Bundestrainer Julian Nagelsmann
Der mit 36 Jahren zweitjüngste Bundestrainer der DFB-Geschichte (nach Otto Nerz 1926 mit 33 Jahren) wurde in Landsberg am Lech geboren, spielte in der Jugend beim FC Issing, beim FC Augsburg und beim TSV 1860 - bei den U-17-Junioren war er Kapitän, rückte in die A-Jugend auf. Wegen schwerer Verletzungen konnte er sich bei den Löwen-Amateuren 2006/07 nicht durchsetzen und wechselte zurück nach Augsburg, um in deren zweiter Mannschaft (6. Liga) unter einem Trainer namens Thomas Tuchel zu lernen. Wegen eines Meniskus- und Knorpelschadens musste er mit 20 Jahren seine Karriere beenden, wurde Co-Trainer der FCA-Jugend.
Über die TSG Hoffenheim ging es über RB Leipzig im Sommer 2021 zu seinem Herzensverein FC Bayern. "Schon als Spieler habe ich geträumt, für diesen Verein aufzulaufen", sagte er. Nagelsmann liebt Eishockey, spielt hobbymäßig mit Freunden, "wenn irgendwo ein Weiher zugefroren ist". Außerdem zieht es ihn in die Berge, am liebsten auf dem Mountainbike. Seine Eltern hatten eine Hütte auf dem Ochsenälpeleskopf in den Ammergauer Alpen.
"Die Berge sind so massiv, du als Mensch bist so klein", sinnierte er einmal, "Berge haben etwas Beruhigendes." An München liebt er "den Kontrast, den diese Stadt bietet: Auf der einen Seite das Großstädtische und auf der anderen Seite das viele Grün durch den Englischen Garten oder die Isarauen".
Co-Trainer Sandro Wagner
Der 35-Jährige ist gebürtiger Münchner, lernte beim FC Hertha München, wechselte dann in die Bayern-Jugend. Dort durchlief er alle Auswahlteams bis zur Regionalliga-Mannschaft, 2007 gab er sein Profidebüt. Nach sechs Stationen in Deutschland kehrte Wagner im Januar 2018 zu Bayern zurück.

"Es ist gut zu wissen, wo man herkommt, das prägt", sagt Wagner, der mit seinem älteren Bruder Sascha und seinen Eltern in einer Sozialwohnung im Sechzger-Stadtteil Giesing lebte. "Meine Oma begleitete mich stets zum Training und holte mich ab. Wir wohnten direkt an der Grünwalder Straße und ich habe in Untergiesing immer die Bayern-Fahne rausgehängt, wenn der FCB sein Heimspiel gewonnen hatte."
Vor den Toren der Stadt wurde er 2021 in Unterhaching Trainer, zunächst der A-Junioren, dann in der Vierten Liga, er führte die Hachinger letzten Sommer zum Aufstieg in Liga drei. Noch heute leben die Wagners in Unterhaching.
Co-Trainer Benjamin Glück
Der 37-Jährige kam in Erding zur Welt, studierte in München Sport und Mathematik auf Lehramt. Durch seinen Onkel, der in Sinsheim lebte, bewarb sich Glück für ein Praktikum bei der TSG Hoffenheim (Baden-Württemberg!) und durfte "Bälle aufpumpen und Garagen aufräumen", wie er einmal erzählte. Erfahrungen als Trainer sammelte er beim SV Ohlstadt, Landkreis Garmisch-Partenkirchen. Nach dem Examen machte er ein weiteres Praktikum in der Abteilung Scouting und Spielanalyse bei den Profis, spezialisierte sich auf Videoanalysen und erhielt eine Festanstellung bei der U19, die Nagelsmann trainierte. Die Verbindung hält bis heute. Glück begleitete Nagelsmann zur RB Leipzig und zum FC Bayern, nun zum DFB.