Fans machen gegen die DFL mobil
Vereint im Protest. Ligaübergreifend demonstrieren die Fankurven in Deutschland weiterhin gegen das neue Sicherheitspapier der DFL, über das die Klubs am Mittwoch entscheiden.
Frankfurt/Main - Dem stillen Boykott im Stadion folgte lauter Protest auf den Straßen: Die Fans des deutschen Fußballs machen weiter gegen das umstrittene Sicherheitskonzept der Deutschen Fußball Liga (DFL) mobil – die Funktionäre fordern hingegen ein schnelles Ja für das sichere „Stadionerlebnis“.
Vor der mit Spannung erwarteten DFL-Mitgliederversammlung am Mittwoch demonstrierten am Wochenende bundesweit Tausende Fußball-Anhänger gegen das Konzeptpapier. In Dresden trugen etwa 800 Fans die deutsche Fankultur symbolisch zu Grabe, in Berlin, Dortmund und Augsburg marschierten mehrere Hundert gemeinsam zum Stadion, am Kölner Dom fand eine Kundgebung vor 2000 Menschen statt – nach dem durchschlagenden Erfolg des Stimmungsboykotts, der erneut die Stadien in den ersten 12 Minuten und 12 Sekunden in beunruhigende Stille tauchte, das nächste, deutliche Zeichen an die Spitze von DFL und DFB. Die wiederum braucht angesichts des enormen politischen Drucks die Verabschiedung der 16 Anträge.
Bei einem Scheitern des Sicherheitskonzepts wird wohl die Politik das Heft des Handels an sich nehmen, was wohl deutlich härtere Restriktionen für die Fans zur Folge hätte. „Ich wüsste nicht, was eine Verschiebung bringen sollte. Unsere gemeinsame Position ist völlig klar: Wir sind für den Erhalt von Stehplätzen. Wir sind für eine verstärkte Präventivarbeit in den Fan-Projekten, da sind wir auch bereit, höhere Finanzmittel zur Verfügung zu stellen“, sagte Wolfgang Niersbach, Präsident des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) im Interview mit der Bild am Sonntag. Ein Stadion, sagte Niersbach, sei „kein rechtsfreier Raum“.
Die Maßnahmen seien „im Sinne der großen Masse der Fans, für 99,95 Prozent der Zuschauer“. Es sei zwar vermessen zu glauben, dass mit dem Sicherheitskonzept alle Probleme gelöst wären: „Aber wir brauchen klare und stabile Leitplanken, die in allen Stadien halten.“ Auch der designierte DFL-Geschäftsführer Andreas Rettig gibt sich im Interview mit dem Deutschland-Radio überzeugt, dass das Sicherheitskonzept beschlossen wird. Eine Verschiebung wäre „auch das falsche Signal“, sagte Rettig, der jedoch Fehler aufseiten der DFL sieht: „Wir haben den Fan in seiner Gesamtheit zu spät mitgenommen.“
Bereits am Freitag hatten die Innenminister erneut den Ton verschärft und mit weitreichenden Konsequenzen gedroht, falls die Liga nicht zu einem Konsens komme. Eine Beteiligung an den Kosten für Polizeieinsätze sei dann unumgänglich, stellten die Politiker deutlich heraus. „Das ist von uns nicht gewollt, aber vielleicht bleibt uns keine andere Wahl“, sagte Niedersachsens Innenminister Uwe Schünemann, der ab Januar 2013 den Vorsitz der Innenministerkonferenz (IMK) übernimmt.
Schünemann betonte jedoch: „Wenn die Vereine das Sicherheitskonzept beschließen und es so zur kommenden Saison umsetzen, werden wir keine Kosten in Rechnung stellen.“ Die Innenminister einigten sich zudem auf einen Forderungskatalog, der unter anderem striktere Einlasskontrollen, verbesserte Videoüberwachung und qualifiziertere Ordnungskräfte beinhaltet. „Es geht darum, die Gewalttäter und Idioten aus dem Stadion fernzuhalten“, sagte NRW-Innenminister Ralf Jäger und betonte, dass die hohen Kosten für Polizeieinsätze bei Fußballspielen in der Bevölkerung schon jetzt kaum noch zu vermitteln seien.
Vor der IMK hatten mehrere Politiker bereits weitere Vorschläge ins Spiel gebracht. Während der hessische Ministerpräsident Volker Bouffier einen „Sicherheits-Euro“ forderte, sprach der IMK-Vorsitzende Lorenz Caffier wiederholt von Stehplatzverboten. Eine Beteiligung der Vereine an den Kosten für die Sicherheitsmaßnahmen lehnte Niersbach indes ab: 'Nehmen wir mal ein Stadion mit 50.000 Zuschauern – der Verein zahlt Steuern, die Fußballer, die Zuschauer. Das sind riesige Geldbeträge, die durch eine einzige Veranstaltung zustande kommen. Und im Gegenzug leistet der Staat das, was er auch bei Volksfesten, Ausstellungen oder Parteitagen macht: Er ist verantwortlich für die Sicherheit", sagte der DFB-Präsident.