Fall Schalke soll in Bundesliga "nicht Schule machen"
Düsseldorf - "Schule wird das nicht machen", sagte Hessens Innenminister Boris Rhein (CDU) als Vorsitzender der 37. Sportministerkonferenz in Wiesbaden. Für den Entschluss von NRW-Innenminister Ralf Jäger zeigten Rhein wie auch sein Amtskollege Lorenz Caffier aus Mecklenburg-Vorpommern jedoch Verständnis. "Ich kann das schon nachvollziehen, wenn da mal einem Innenminister der Kragen platzt", sagte Rhein.
Die Schalker Verantwortlichen wollten sich auch am Freitag nicht öffentlich zu Jägers Entscheidung äußern, die Polizei vorerst nicht mehr in der Veltins-Arena und auf dem Stadiongelände in Gelsenkirchen einzusetzen. Dabei drängt die Zeit. Schon am Mittwoch steht das Heimspiel in der Champions League gegen Steaua Bukarest an, drei Tage später kommt es zum Spitzenspiel gegen den FC Bayern. Jäger bemängelte erneut die angeblich mangelnde Kooperationsbereitschaft des Clubs.
Zustimmung für seinen Beschluss erntete Jäger von Teilen der Fans, die große Polizeipräsenz in den Stadien ohnehin eher als Bedrohung und Provokation empfinden. Der Innenminister zeigte sich allerdings weiter offen für einen Dialog. "Wir sind gesprächsbereit. Und wir wollen ja gute, sichere und stimmungsvolle Fußballspiele haben - auch auf Schalke. Das muss man natürlich in der Zukunft anpeilen", sagte Jäger dem TV-Sender N24.
Auch die Gewerkschaft der Polizei (GdP) machte sich für einen baldigen Kompromiss stark. "Wir haben großes Verständnis für die massive Verärgerung unserer Kolleginnen und Kollegen aus Nordrhein-Westfalen, die für einen mit den Verantwortlichen von Schalke 04 abgestimmten Einsatz zu Unrecht kritisiert wurden", sagte der stellvertretende GdP-Bundesvorsitzende Jörg Radek. "Unterdessen haben die weit über zehn Millionen Zuschauer allein in einer Bundesligasaison das Recht auf ein sicheres Fußballerlebnis und damit auch auf die Präsenz der Polizei."
Die NRW-Opposition verurteilte Jägers Reaktion auf die Schalke-Kritik am Einsatz in der Arena bei der Partie gegen PAOK Saloniki am 21. August, als die Polizei im Schalker Block Tränengas und Schlagstöcke einsetzte, um eine drohende Eskalation mit griechischen Anhängern zu vermeiden, scharf. Der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der NRW-CDU, Peter Biesenbach, geißelte Jägers Vorgehen als "pubertäre Trotzreaktion" und "Kriegserklärung an die gesamte Bundesliga". "Eine Entscheidung von derart großer Tragweite darf nicht aus der Hüfte geschossen werden. Zudem spielt er fahrlässig mit der Gesundheit und der Sicherheit der Fußballfans", kritisierte der CDU-Experte für Inneres. Ähnlich äußerten sich Vertreter der Grünen und der FDP in NRW.
"Ich kann mir das nur so erklären, dass an Schalke ein Exempel statuiert werden soll", sagte der Vorsitzende des Bundestagsinnenausschusses, Wolfgang Bosbach (CDU), dem "Kölner Stadt-Anzeiger".
Der Polizeiwissenschaftler Prof. Thomas Feltes hält Jägers Vorgehen für "rechtswidrig". "Dadurch wird im Stadion der rechtsfreie Raum geschaffen, der von der Politik sonst so oft als Schreckensszenario beim Fußball beklagt wurde. Die Reaktion von Herrn Jäger ist unverantwortlich und zeugt von einem gewissen Beleidigt-Sein", klagte der Lehrstuhl-Inhaber für Kriminologie, Kriminalpolitik und Polizeiwissenschaft an der Ruhr-Uni Bochum in der "Westdeutschen Zeitung".
Man könne die Verantwortung nicht allein an Ordnungsdienste delegieren. "Wie will Jäger sich rechtfertigen, wenn bei einer gefahrenträchtigen Großveranstaltung - und das sind nun einmal viele Fußballspiele - etwas passiert, und die Polizei ist nicht da?"
Der Fall Schalke scheint allerdings eine Besonderheit. "Ich habe keinerlei Anzeichen von Innenminister Rhein oder Polizeipräsident Thiel in diese Richtung gehört. Wir zeichnen uns in Hessen dafür aus, dass wir sehr kooperativ mit der Polizei zusammenarbeiten", sagte Eintracht Frankfurts Vorstandschef Heribert Bruchhagen dem Radiosender "hr-Info". "Ich kann mir nicht vorstellen, dass wir Probleme wie die auf Schalke bekommen", meinte Bayern Münchens Mediendirektor Markus Hörwick und verwies auf die sehr enge und sehr gute Zusammenarbeit seit 20, 30 Jahren mit der Polizei in München.