Fall Amerell eskaliert

Vorverurteilung durch den DFB? Manfred Amerells Anwalt nennt die Verbandserklärung, in der von Beweisen gegen seinen Mandanten die Rede ist, „skandalös“ und zieht nun vors Zivilgericht.
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Manfred Amerell
dpa Manfred Amerell

MÜNCHEN - Vorverurteilung durch den DFB? Manfred Amerells Anwalt nennt die Verbandserklärung, in der von Beweisen gegen seinen Mandanten die Rede ist, „skandalös“ und zieht nun vors Zivilgericht.

DFB-Präsident Theo Zwanziger, übrigens studierter Jurist, sieht sich in der Rolle des Kämpfers gegen Vorurteile. 2008 erhielt der oberste Fußball-Funktionär sogar den Tolerantia-Preis – für seinen „besonderen und herausragenden Einsatz gegen Intoleranz und Homophobie“. In der Affäre um den früheren Schiedsrichterbeobachter Manfred Amerell (62) gibt jedoch sein Verband, der DFB, ein unglückliches Bild ab.

Die DFB-Presseerklärung vom Dienstag (AZ berichtete) empört Jürgen Langer, den Anwalt des unter Verdacht geratenen Ex-Schiedsrichters Amerell. Langer spricht von Vorverurteilung, zudem werde ihm die Akteneinsicht verweigert. Deshalb wird Langer nun ein Zivilgericht anrufen.

„Man kann diese Pressemitteilung nur als skandalös bezeichnen“, sagte Langer im „DSF“, „es wird eine Verurteilung vorgenommen, ohne den Angeklagten jemals angehört zu haben. Das ist mit rechtsstaatlichen Grundsätzen nicht zu vereinbaren!"

Der DFB hatte zuvor verkündet, dass es eine klare Beweislast gegen den zurückgetretenen Amerell gebe: Aus Sicht des DFB steht fest, dass Herr Amerell seine Pflichten als Mitglied des Schiedsrichterausschusses klar verletzt hat.“ Der Hintergrund: Referee Michael Kempter (26) hatte am 17. Dezember in einer E-Mail an Schiedsrichter-Boss Volker Roth Amerell beschuldigt, ihn bedrängt zu haben. Seltsamerweise hatte Zwanziger erst einen Monat später von diesen Vorwürfen erfahren.

Namen fielen in der DFB-Erklärung nicht, es wurde aber betont, dass mehrere Personen gesagt hätten, „von Herrn Amerell bedrängt und/oder belästigt worden zu sein". Bereits vor dieser Erklärung hatte sich Zwanziger in „Bild“ geäußert: „Amerell wird stark und intensiv belastet.“

Liegt hier eine Vorverurteilung vor? „Nach wie vor wird dem in Anführungszeichen ‚Beschuldigten' mit keinem Wort ein Vorwurf unterbreitet“, so Anwalt Langer. „Es wird weiterhin im luftleeren Raum spekuliert ohne Namen zu nennen. Manfred Amerell soll endlich gesagt werden, wann, wo und wie diese ‚Annäherungen' oder ‚Belästigungen' vorgefallen sein sollen.“

Und Zwanziger? Rät er homosexuellen Referees nun dazu, sich zu outen? Die „Sport-Bild“ zitiert ihn wie folgt: „Es geht dabei nicht um Fragen der sexuellen Orientierung, sondern um Transparenz.“ Und weiter: „Es darf aus einer solchen Beziehung nicht der Verdacht einer Abhängigkeit entstehen, wenn einer der Beteiligten für die Ansetzung, Beobachtung und Bewertung von Schiedsrichtern verantwortlich ist.“ Was ist eine „solche Beziehung“? In der DFB-Erklärung vom Dienstag hatte es geheißen, dass es unzulässig sei, „die betroffenen Personen in den Kontext von Homosexualität zu stellen“.

Genau dies passiere aber, glaubt Langer. „Der DFB hat in seiner Pressemitteilung angegeben, dass es hier nicht um sexuelle Ausrichtungen oder die Bewertung von Homosexualität geht“, so Langer, „es sei hier lediglich geprüft worden, ob ein Funktionärsamt missbraucht wurde. Der Eindruck wird durch diese Pressemitteilung aber geradezu konterkariert. Sehr wohl geht es hier darum, Vorurteile zu schaffen und auf dieser Ebene kann ein DFB, der sich den Kampf gegen die Homophobie auf die Stirn geschrieben hat, in keiner Weise jenen führen. Sämtliche Bemühungen des DFB in diese Richtung werden ad absurdum geführt."

jos

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