Ex-Bayer Elber: "Amigos! Freut euch auf Brasilien"

Am Freitag um 17 Uhr ist Showdown: Dann werden die Gruppen für die Weltmeisterschaft ausgelost. Giovane Elber sagt, was die Teilnehmer erwartet – und nennt schonungslos die Probleme des Landes.
von  Interview: Patrick Strasser
Vorfreude auf brasilianisch: „Ihr könnt euch nicht
vorstellen, wie viel Brasilien in uns steckt.“ Dieses Foto mit Neuer, Boateng, Lahm, Schürrle, Klose und Reus (v.l.) wurde auf Initiative des DFB am Donnerstag in zahlreichen brasilianischen Publiktationen im Rahmen einer Anzeige veröffentlicht.
Vorfreude auf brasilianisch: „Ihr könnt euch nicht vorstellen, wie viel Brasilien in uns steckt.“ Dieses Foto mit Neuer, Boateng, Lahm, Schürrle, Klose und Reus (v.l.) wurde auf Initiative des DFB am Donnerstag in zahlreichen brasilianischen Publiktationen im Rahmen einer Anzeige veröffentlicht. © DFB/ho

Am Freitag um 17 Uhr ist Showdown: Dann werden die Gruppen für die Weltmeisterschaft ausgelost. Der frühere FC-Bayern-Star Giovane Elber sagt, was die Teilnehmer erwartet – und nennt schonungslos die Probleme des Landes.

AZ: Herr Elber, am Freitag werden die WM-Gruppen in Costa do Sauípe ausgelost, einem Mini-Ferienresort im Nordosten. Warum nicht in Metropolen wie Rio de Janeiro oder Sao Paulo?

GIOVANE ELBER: Ach, das hat wie immer bei uns politische Gründe. Die Politiker im Nordosten wollten auch einen Teil der Aufmerksamkeit haben.

Das Ziel aller Teams ist das Finale am 13. Juli 2014 in Rio.

Davon träumen alle, klar. Das legendäre Maracana-Stadion ist toll geworden nach der Renovierung, ein Tempel. Auch bei den Public-Viewings wird die Stimmung großartig sein. Wir sind sehr gastfreundlich, offen, es wird ein Erlebnis!

Bei der Auslosung geht es eher darum, wo man spielt – und nicht gegen wen.

Richtig. Wenn du in Manaus oder Cuiabá im Landesinneren spielen musst, hast du Pech gehabt: Eine weite Flugreise, es ist schwül-heiß, hohe Luftfeuchtigkeit. Aber es geht ja nur ums Geld. Jeder Politiker hat versucht, die WM in seine Heimatstadt zu bringen. Dass man Manaus als WM-Standort auswählt – echt Wahnsinn! Mitten im Amazonas-Gebiet. Dort gibt es keine Erstligamannschaft. In Manaus, Natal, eine schöne Urlaubsstadt, und in Cuiabá werden die Stadien nach der WM leer bleiben, es wurden Unsummen investiert.

Daher sind eine Million Menschen während des Confed-Cups im Sommer aus Protest auf die Straßen gegangen.

Weil die Leute die Nase voll haben von der Korruption, der Politik. Man investiert Geld in Stadien, aber nicht in Krankenhäuser, unser Bildungssystem ist nicht gut, die Lehrer werden schlecht bezahlt. Das Leben der Brasilianer besteht nicht nur aus Fußball. Und die jungen Leute haben erkannt, dass bei der WM die ganze Welt auf Brasilien schaut.

Wie groß war der Schock nach dem Unfall auf der Baustelle des Stadions von Sao Paulo mit zwei Toten?

Womöglich war der massive Zeitdruck schuld. Viele haben Angst, dass zwei, drei Stadien nicht fertig werden, erst auf den letzten Drücker und man kann nicht mal einen Testlauf machen. Auch die Straßen, die man bauen wollte, nicht.

Dabei fiel die Entscheidung für Brasilien im Jahr 2007.

Stimmt, hier macht man alles in letzter Sekunde, ein Teil der Mentalität. Das ist typisch brasilianisch, das regt mich auf. Ich habe lange in Deutschland gespielt, für mich ist das schwer zu verstehen. Ein Sportminister hat hier einmal auf einer Hochzeit gesagt: Die Braut ist zu spät gekommen, aber immerhin war sie am Ende noch da. Aber so eine Einstellung ist doch peinlich.

Den Menschen stinkt die Entwicklung der Preise.

Richtig, alles ist teurer geworden, auch die Tickets, die WM ist für reiche Leute. Der normale Brasilianer muss froh sein, wenn er bei einer Tombola gewinnt. Aber das klingt jetzt alles so negativ.

Wie meinen Sie das?

Wir haben das noch immer hingekriegt. Auch, was die Sicherheit betrifft, sollen die Gäste keine Angst haben. Man sollte eben keinen auffälligen Schmuck abends in Rio oder Sao Paulo spazieren tragen. Dennoch: Amigos, freut Euch auf Brasilien!

Und rein sportlich? Wen sollte ihr Heimatland bei der Auslosung vermeiden?

Frankreich! Um Gottes Willen nicht gleich die Franzosen, die sind unser Angstgegner wie Italien für Deutschland.

Und das DFB-Team?

Die sind gut drauf, die müssen niemanden fürchten. Aber Vorsicht vor Chile oder Ecuador – starke, unangenehme Mannschaften.

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