Ex-Bayer Alonso in Leverkusen: Der Star ist der Trainer
Leverkusen - Es war der Sommer 2014, als im Zuge der Wechselperiode mal wieder ein etwas lauteres Raunen um die Säbener Straße herumwaberte.
Xabi Alonso: Er wird nicht älter, sondern besser
Ob das denn gut gehen könnte mit diesem alten Spanier. Klar, ein Weltmeister und Europameister, aber mei, dieser Xabi Alonso sei dann ja doch schon 33 Jahre alt. Ungefähr so klang das, was die zahlreichen Skeptiker an diesem Transfer auszusetzen hatten.
Der Rest ist bekannt: Drei Jahre und drei deutsche Meisterschaften später beendete der geniale Mittelfeldstratege seine große Karriere und hinterließ in München erstmal eine große Lücke.
Eine Neue Herausforderung für den Weltmeister
Gestern bei Bayer Leverkusen war das vielstimmige Raunen ebenfalls unüberhörbar. Allerdings war es diesmal weniger Skepsis als Begeisterung, die dem neuen Trainer der Werkself entgegenschlug. Trotz eines Kaders mit so prominenten Namen wie Patrick Schick, Florian Wirtz oder Moussa Diaby - der Star bei Bayer 04 ist ab sofort der Trainer.
Zweifler gab es diesmal nicht. Und das, obwohl der einstige Weltstar, der mit Liverpool, Real Madrid, dem FC Bayern und der spanischen Nationalmannschaft beinahe alle Titel abgeräumt hat, die man überhaupt gewinnen kann, noch nie vorher einen Erstliga-Klub trainiert hat.
Für seinen ehemaligen Kollegen in München, Jérôme Boateng ist das kein Problem. "Er hat in meinen Augen alles, was ein Trainer braucht. Er ist sehr ehrgeizig und liebt den Fußball", sagte der Verteidiger von Olympique Lyon bei Sport1. Der 40-Jährige sei "ein toller Mensch" und "ein echter Gewinnertyp".
Abstiegskampf ist keine Option für Alonso
Das sieht Alonso selbst natürlich genauso. Auch wenn er es freilich mit seiner ihm typischen Mischung aus Understatement und Selbstbewusstsein formuliert. "Es ist eine große Ehre, hier zu sein", sagte der Spanier höflich auf Deutsch - und machte dann klar: Unter ihm soll der Werksklub wieder für Spektakel sorgen.
Bestens frisiert, im feinen Sakko und mit souveränem Lächeln betrat der Weltstar die Bundesliga-Bühne und versprühte einen Glanz, der so gar nicht zur Krise von Leverkusen passte. "Wir brauchen eine große Siegermentalität", sagte der spanische Gentleman.
Die Lust auf sein Bundesliga-Trainerdebüt im Kellerduell ausgerechnet gegen Aufsteiger Schalke 04 am Samstag (15.30 Uhr/Sky) war allgegenwärtig. "Ich freue mich darauf", sagte Alonso, der gegen die Gelsenkirchener im August 2014 auch seine erste Partie als Bayern-Spieler bestritten hatte (1:1).
Für das Team, für den Klub, für die Fans
Er sei "sehr motiviert", betonte der Baske. Für das Team, für den Klub und die Fans sei es angesichts des Absturzes auf den vorletzten Tabellenplatz jetzt wichtig, positiv zu sein.
Leverkusens Sport-Geschäftsführer Simon Rolfes freute sich fast diebisch darüber, mit Alonso einen echten Weltstar als Nachfolger des tags zuvor geschassten Gerardo Seoane verpflichtet zu haben. "Alle trauen ihm als Trainer eine große Karriere zu. Das sind gute Voraussetzungen", sagte er. Rolfes gab sich "davon überzeugt", dass Alonso "eine gute Wahl ist. Wir rücken von unseren ehrgeizigen Zielen nicht ab. Wir wollen nach vorne agieren."
Für Alonso ist die Aufgabe bei Bayer Leverkusen der erste Trainerjob in einer der großen europäischen Ligen, bislang trainierte der frühere Weltklasse-Spielmacher nur Jugend-Teams in Madrid und drei Jahre lang die Amateure von Real Sociedad.
Xabi Alonso: "Ein absolutes Vorbild"
Die Personalie Alonso scheint eine Win-Win-Situation, nicht nur für den Klub. Die Station Leverkusen, auch wenn es von den Bayer-Bossen sicherlich keiner hören mag, könnte zum perfekten Karrierebeschleuniger werden für den Trainer-Novizen Alonso. Er hat üppige finanzielle Möglichkeiten, einen starken Kader und ein vergleichsweise ruhiges Umfeld.
Es ist kein Geheimnis, dass auch der FC Bayern ganz genau hinsehen wird, was Alonso bei Bayer so anstellt. Kein Geringerer als Bayern-Legende Karl-Heinz Rummenigge bezeichnete Alonso einst als "ein absolutes Vorbild", mit dem man in Verbindung bleiben wolle. "Ich kann mir schon vorstellen", sagte der damalige Münchner Vorstandschef, "dass er irgendwann seinen Weg bei Bayern München machen kann".