„Es wird trotzdem eine schöne WM“
Warum man auf der Fanmeile in Kapstadt besser feiert als in der Kneipe in Rustenburg. Die wichtigsten Fragen zu Sicherheit, den Stadien, den Tickets und den Folgen für das Gastgeber-Land.
KAPSTADT Jetzt sind die Schweden doch dabei. Nicht sportlich, die Fußballer scheiterten schon in der Qualifikation. Aber militärisch. Mit 28 Düsenfliegern. Typ Saab Gripen JAS 39. Der ganze Stolz von Südafrikas Luftwaffe.
Seit vielen Tagen schon, lange vor der WM-Auslosung, donnern die Kampfjets im Tiefflug über Kapstadt. Der Grund ist rätselhaft, wahrscheinlich will Präsident Jacob Zuma der Welt damit zeigen, dass nichts passieren kann, dass sein Land gerüstet ist für die WM.
Aber ist es das wirklich? Die AZ beantwortet die wichtigsten Fragen, zu Sicherheit, den Stadien, den Tickets - und den Folgen für Südafrika.
Bei der WM in Deutschland 2006 war die Welt zu Gast bei Freunden. Ist sie nun zu Gast bei Kriminellen, Gangstern, Schwerverbrechern?
Eine zu einseitige Sicht, findet Frank Gräwe. Gräwe ist Münchner, 44, Arzt, Professor und Schönheitschirurg. Mit Praxis am Maximiliansplatz in München. Und Lehrstuhl an der Uni in Kapstadt.
Dort lebt er die meiste Zeit, zehn Monate im Jahr. Mit seiner südafrikanischen Frau und der Tochter. „Passiert ist mir noch nie etwas“, sagt Gräwe, „aber ich meide bestimmte Gegenden. Als Ausländer fällt man auf, man sollte vorsichtig und auch nicht unbedingt nachts alleine unterwegs sein. Am besten ist es, zu organisierten Treffpunkten zu gehen.“ Zu den Fifa-Fanmeilen mit Public Viewing also ja. Allein in eine Kneipe eher weniger.
Auch Ulrich Clef erwartet kein restlos unbeschwertes Turnier wie 2006: „Aber trotz aller Bedenken und trotz der Sicherheitslage wird es eine schöne WM.“ Clef ist Medienberater und Marketing-Experte mit zwei Büros. In der Steinstraße in Haidhausen und am Platteklip Square in Kapstadt. „Touristenziele und Business-Zentren können hinsichtlich der Sicherheit besser umgehen als kleinere Städte.“ Also hoffen, dass das DFB-Team oft in Johannesburg oder Kapstadt spielt. Nicht in Polokwane oder Rustenburg.
Folgen: Für die WM wurden Flughäfen modernisiert, Autobahnen verbreitert, der Nahverkehr verbessert. Davon profitieren viele Südafrikaner auch nach dem Turnier. Aber auch die Ärmsten, die Menschen in den Townships? Ende Oktober gab es gewaltsame Proteste im Soweto-Stadtteil Riverlea, einem Viertel mit 80 Prozent Arbeitslosen, im Schatten des prachtvollen „Soccer City“-Stadions von Johannesburg. „Unsere Nöte werden übersehen“, klagten die Bewohner. Ihnen geht es nicht darum, auf dem N1-Highway schneller in Kapstadt zu sein oder um mehr Komfort beim Einchecken am Tambo-Airport. Sondern um die ganz wichtigen Dinge. Um Strom und Kanalisation. Dass sie das durch die WM bekommen, ist fraglich.
Im Tourismus wird viel vom Erfolg der WM abhängen, ob sich das Sommermärchen von 2006 im südafrikanischen Winter wiederholen lässt. „So hoch wie jetzt wird die Sicherheit zur WM und vor allem danach nicht mehr sein“, sagt Clef. Denn im Fokus der Welt setzt Präsident Zuma auch zehntausende Soldaten auf den Straßen und Plätzen ein. Nach der WM wird das Militär wieder abgezogen. Zumindest ist es dann wieder ruhiger, am Himmel über Kapstadt.
Florian Kinast