Exklusiv

Entrüstung nach Adidas-Aus: Warum dem DFB keine andere Wahl blieb, als beim Nike-Deal einzuschlagen

Nach dem Ausrüsterwechsel von Adidas zu Nike schaltet sich die Politik-Elite ein. Habeck und Söder kritisieren den Deal deutlich: "Falsch, schade und auch unverständlich." Der DFB kassiert 100 Millionen Euro pro Jahr.
von  Maximilian Koch, Krischan Kaufmann
Der Ausrüsterwechsel des DFB von Adidas zu Nike schlägt aktuell hohe Wellen. (Symbolbild)
Der Ausrüsterwechsel des DFB von Adidas zu Nike schlägt aktuell hohe Wellen. (Symbolbild) © IMAGO / Sven Simon

Herzogenaurach - Am Freitag schaltete sich dann auch Markus Söder ein. Bayerns Ministerpräsident (CSU) kritisierte den Ausrüsterwechsel des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) von Adidas zu Nike mit deutlichen Worten, er schrieb bei X (früher Twitter): "Die Erfolgsgeschichte begann 1954 mit dem unvergessenen WM-Sieg, der unserem Land wieder Selbstbewusstsein gegeben hat. Deshalb ist es falsch, schade und auch unverständlich, dass diese Geschichte jetzt enden soll."

Es war nicht die einzige kritische und emotionale Reaktion der Politik-Elite zum DFB-Deal, der dem Verband ab 2027 mehr als 100 Millionen Euro jährlich bringen soll. Adidas hat bislang dem Vernehmen nach rund 50 Millionen Euro per annum gezahlt. Zum Vergleich: Real Madrid kassiert von Adidas laut Berichten 120 Millionen pro Saison, der FC Barcelona 105 Millionen von Nike.

AZ-Info: Der DFB war verpflichtet, das finanziell beste Angebot anzunehmen

Finanziell lohnt sich der Wechsel also allemal, ohnehin ist der DFB, wie Insider der AZ bestätigen, als gemeinnütziger Verein dazu verpflichtet, das finanziell beste Angebot zu wählen. Besonders, wenn die Summen wie im aktuellen Fall derart weit auseinanderliegen.

Was Nike ebenfalls bei dem Coup in die Karten spielte: Nach AZ-Informationen hatte Adidas vor der letzten Vertragsverlängerung mit dem DFB 2018 ein sogenanntes "Matching Offer", das dem Ausrüster die Möglichkeit zusicherte, bei einem höheren Angebot der Konkurrenz vom DFB informiert zu werden und dann gegebenenfalls gleichzuziehen. Dieses Recht ließ der DFB 2018 aus den neuen Verträgen mit Adidas entfernen. Auch deshalb war nun der Deal mit Nike möglich.

Lade TED
 
Ted wird geladen, bitte warten...
 

Nach DFB-Aus: Adidas-Chef wendet sich in Videoschalte an Mitarbeiter

Adidas-Boss Björn Gulden hatte laut "Bild" am Mittwoch bei einem persönlichen Treffen in der DFB-Zentrale noch vergeblich versucht, die Zusammenarbeit zu retten. Wie "Sky" berichtet, wandte sich Gulden am Donnerstag im Rahmen einer Videoschalte an seine Mitarbeiter und brachte sein Bedauern über das Ende der Zusammenarbeit zum Ausdruck. Bei dem finanziellen Angebot von Konkurrent Nike habe man schlicht nicht mithalten können.

"Deutscher Fußball ist Heimat pur – und kein Spielball internationaler Konzernkämpfe", führte Söder weiter aus: "Kommerz ist nicht alles. Mehr Geradlinigkeit hätte dem DFB trotz aller wirtschaftlichen Herausforderungen gut zu Gesicht gestanden." Der deutsche Fußball sei immer auch "ein Stück deutsche Wirtschaftsgeschichte" gewesen.

Seinen Post versah Söder mit einem Foto der Siegerehrung nach dem WM-Triumph 2014. Bastian Schweinsteiger, wie seine Kollegen mit dem bekannten Trikot gekleidet, hält auf dem Bild den WM-Pokal in die Höhe.

Anzeige für den Anbieter X über den Consent-Anbieter verweigert

"Unpatriotisch!": Auch Friedrich Merz übt scharfe Kritik am Ausrüsterwechsel

Unterstützung erhielt Söder vom CDU-Vorsitzenden Friedrich Merz. "Das ist eine für mich völlig unverständliche Entscheidung", sagte der Oppositionsführer im Bundestag am Freitag in Berlin. "Und ich muss ehrlich sagen: Sie ist auch unpatriotisch."

Beim umstrittenen Ausrüster-Wechsel des DFB scheint sich aktuell sogar so etwas wie eine neue große Koalition zusammengefunden zu haben. Denn neben den Unions-Größen Söder und Merz sehen auch viele andere Politiker den Nike-Deal höchst kritisch.

Auch Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne), Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) und Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) bedauerten die Abkehr des DFB von seinem deutschen Ausrüster. "Diese Reduzierung ausschließlich auf Geld und Dollarzeichen geht mir echt auf die Nerven", sagte Thüringens Regierungschef Ramelow den Sendern RTL und ntv. "Dafür brauche ich keinen Patriotismus. Ich werbe auch immer dafür, dass wir in Thüringen deutlicher über unsere eigenen Thüringer Produkte reden."

Lauterbach: "Kommerz vernichtet ein Stück Heimat"

Wirtschaftsminister Habeck wünschte sich "ein Stück mehr Standortpatriotismus". "Ich kann mir das deutsche Trikot ohne die drei Streifen kaum vorstellen. Adidas und Schwarz-Rot-Gold gehörten für mich immer zusammen", erklärte er. Der "Kommerz" vernichte hier "ein Stück Heimat", schrieb Gesundheitsminister Lauterbach bei X – zusammen mit einem Foto im Adidas-Trainingsanzug.

Auch Ex-Adidas-Boss und Bayern-Präsident Hainer äußert sich zum Ausrüsterwechsel

Der frühere Adidas-Chef Herbert Hainer zeigte sich ebenfalls überrascht. "Ich kenne die Details und Hintergründe nicht, aber ich bin schon überrascht, dass diese Entscheidung nach einer über 70 Jahre langen erfolgreichen Partnerschaft nun so vom DFB getroffen wurde", sagte der Bayern-Präsident.

"Für den FC Bayern ist Adidas stets ein sehr guter und absolut verlässlicher Partner, mit dem der Klub seit inzwischen über 60 Jahren hervorragend zusammenarbeitet", führte der 69-Jährige aus.

Für Nike ist der Deal freilich ein riesiger Imagegewinn. Der US-Gigant erweitert sein Portfolio mit einer höchst prestigereichen Marke – und jubelte entsprechend laut über den Coup. Der DFB sei eine "legendäre globale Kraft im Fußball, die unsere Leidenschaft für den Sport teilt", teilte Nike Europe mit. Konzernchef John Donahoe rühmte sein Unternehmen als "größte Sportmarke der Welt". Das deutsche Team unter Vertrag zu nehmen, sei eine "große Ehre", man wolle die Spieler zu Weltstars machen.

DFB teilt mit: "Auch für uns als Verband ist es ein einschneidendes Ereignis"

Unterdessen versuchte der DFB den Sturm der Entrüstung einzufangen. "Wir verstehen jede Emotionalität. Auch für uns als Verband ist es ein einschneidendes Ereignis, wenn feststeht, dass eine Partnerschaft, die von vielen besonderen Momenten geprägt war und ist, nach mehr als 70 Jahren zu Ende geht", hieß es in einem Statement des größten Sportverbands der Welt: "Das lässt uns nicht kalt." Nike habe allerdings "das mit Abstand beste finanzielle Angebot abgegeben".

Und dennoch: Die kritischen Stimmen werden so schnell wohl nicht verschwinden.

merken
Nicht mehr merken
X

Sie haben den Inhalt der Merkliste hinzugefügt.