EM-Stadt Budapest: Arena für einen Helden
Budapest - Genesis und Queen waren da, U2, Guns'n'Roses und die Stones, auch Michael Jackson und Depeche Mode. Ob es Ferenc Puskás gefallen hätte, wenn das Nepstadion ("Volksstadion") da schon seinen Namen getragen hätte?
Man weiß es nicht, denn im Alter war Ungarns Fußballikone ein Alzheimerpatient, litt unter einer besonders tückischen Variante, was ihn zudem noch in Geldnöte brachte, so dass sein Ex-Klub Real Madrid und Ikonen-Kollege Alfredo di Stefano Geld für ihn sammelten.
Hier wurde die ungarische Wundermannschaft der 50er-Jahre zur Legende
Seit 2001 ist das größte Stadion Ungarns nach dem Major, so sein Spitzname, benannt. Hier im Nordosten der Stadt Budapest war die ungarische Wundermannschaft der 50er-Jahre zur Legende geworden. Im Mai 1954, kurz vor der denkwürdigen WM in der Schweiz, ging England im 1953 eröffneten Nepstadion mit 1:7 unter: bis heute die höchste Niederlage der "Three Lions".
2015 musste das baufällige Gemäuer geschlossen werden
Zum 75. Geburtstag wurde Puskas dann die Ehre zuteil, dem altehrwürdigen Stadion seinen nicht minder ehrwürdigen Namen zu geben: Puskás-Ferenc-Stadion.
2015 musste das baufällige Gemäuer, das einst mehr als 100.000 Zuschauer fasste, geschlossen werden. Am Ende waren aus Sicherheitsgründen nur noch 28.300 Fans zugelassen. Es wurde komplett abgerissen, und an selber Stelle entstand - doppelt so teuer wie geplant - bis 2019 die Puskas-Arena, mit Platz für 65.000 Zuschauer.
Drei Vorrundenspiele der Deutschland-Gruppe finden bei der EM hier statt sowie ein Achtelfinale
Erster Torschütze im neuen Rund: der Uruguayer Cavani. Erster ungarischer Torschütze: Adam Szalai, wohlbekannt aus der Bundesliga. Drei Vorrundenspiele der Deutschland-Gruppe F mit Ungarn, Frankreich und Portugal finden bei der EM hier statt sowie ein Achtelfinale. Grund genug, sich die Metropole an der Donau mal aus der Nähe anzuschauen.
Dass es sich in der 1,7-Millionen-Einwohner-Stadt gut aushalten lässt, weiß nicht nur Lothar Matthäus, der schon seit vielen Jahren hier seinen Hauptwohnsitz hat. Altstadt-Bummel durch die Einkaufsstraße Vaci utca (Waiznergasse), Blick vom Burgpalast aufs direkt am Fluss gelegene Parlament, Spaziergang zur Margareteninsel und über die Kettenbrücke: kaum vorstellbar, dass hier vor gut knapp 20 Jahren die Kunstflug-Helden des Red Bull Air Race unter der Brücke wirklich durchgedonnert sind.
Tipp: das traditionsreiche Cafe New York im jüdischen Viertel
Entspannter geht es da schon in den zig Thermalbädern zu, von denen schon die alten Römer schwärmten. Auch schön: die angenehm entspannte Kaffeehaus-Kultur, fast wie in Wien. Tipp: das traditionsreiche Cafe New York im jüdischen Viertel. Ein Bombast-Schuppen vom Allerfeinsten, in dem einem beim Kaffeetrinken schon mal der Mund offen stehen bleibt angesichts des gar güldenen Ambiente.
Angesagt sind seit ein paar Jahren auch die sogenannten Ruinen-Bars im siebten Bezirk: Klingt nach Absturzkneipen, sind aber zig hippe Clubs in verlassenen Gebäuden, mit unterschiedlichstem Dekor, teils über mehrere Stockwerke.
Obacht vor dem omnipräsenten Tokajer
Und wo wir schon beim Feiern sind: Obacht vor dem omnipräsenten Tokajer! Zwar ein Klassiker unter den Weinen, aber süß wie Honig und nicht selten Verursacher gewaltigen Schädelwehs.
Wer noch Zeit für ein wenig Umgebung hat: Das Barock-Schloss Gödöllö 25 Kilometer nordöstlich von Budapest klingt nicht nur toll, sondern sieht auch schick aus, wie schon Kaiserin Sisi fand, der es hier besonders gut gefiel.
Genau in der Gegenrichtung, im Südwesten, lockt ein ganz anderer Hingucker: der Szoborpark oder Memento Park.
Nach dem Fall des Eisernen Vorhangs wurden hier am Stadtrand in den 90ern einige große Monumente aus der Zeit des Kommunismus gesammelt, für die man irgendwie keine Verwendung mehr hatte: Engels, Marx und andere sozialistische Helden, aber auch die steinernen Stiefel des Ober-Schurken Stalin, dessen Statue im Zuge des Aufstandes gestürzt worden war, so dass nur noch die Stiefel stehengeblieben waren.
Ferenc Puskas' Denkmal ist nicht dabei. Das steht noch mitten in der City und zeigt ihn in seinem Element: zwar im Straßenanzug, aber vor drei Kindern elegant den Ball hochhaltend, natürlich mit seinem starken Linken.