EM-Elf stand eigentlich schon: Kommt Nagelsmann nach dem Ukraine-Remis doch noch ins Grübeln?

Eigentlich galt Julian Nagelsmanns Startelf für den EM-Auftakt gegen Schottland als gesetzt. Nach dem 0:0 gegen die Ukraine könnte der Bundestrainer aber auf mindestens zwei Positionen ins Grübeln kommen.
von  Patrick Strasser
Erhöhte Bank-Gefahr: Kapitän Ilkay Gündogan könnte seinen Platz in der EM-Startelf von Bundestrainer Julian Nagelsmann noch verlieren.
Erhöhte Bank-Gefahr: Kapitän Ilkay Gündogan könnte seinen Platz in der EM-Startelf von Bundestrainer Julian Nagelsmann noch verlieren. © imago

Herzogenaurach - Kein Durchkommen. Der Kabinentrakt rund um den Spielertunnel wurde von der örtlichen Polizei weiträumig abgesperrt.

Weil Bundeskanzler Olaf Scholz der deutschen Nationalmannschaft nach dem 0:0 im vorletzten EM-Test gegen die Ukraine seine Aufwartung machte und in der Kabine ein paar Worte an die Spieler und das Trainerteam richtete, herrschte Sicherheitsstufe eins unterhalb der Haupttribüne des Max-Morlock-Stadions von Nürnberg.

"Er hat uns viel Glück gewünscht und gesagt, dass das Land hinter uns steht. Die Daumen sind gedrückt", berichtete Bundestrainer Julian Nagelsmann vom hohen Besuch elf Tage vor dem Start der EM mit dem Eröffnungsspiel gegen Schottland am 14. Juni.

DFB-Elf verzweifelt gegen Ukraine an der Chancenverwertung

Trotz der überlegen geführten Partie reichte es gegen die defensiv-starke Ukraine nur zu einer Nullnummer. "Gegen so einen tiefen, kompakten Block des Gegners musst du erst einmal 27 Abschlüsse haben. Es waren Chancen dabei, die mit ein bisschen Glück auch reingehen", sagte Nagelsmann. Routinier Thomas Müller, der nach einer guten Stunde als Joker reinkam, meinte: "Es war nicht so, dass wir leichtfertig Chancen vergeben haben, aber manchmal gibt es so Tage."

Vor dem Spiel hatte Nagelsmann eine Warnung an sein Personal ausgesprochen, sie lautete: Es gibt "keinen Freifahrtschein". Dabei schien die EM-Startelf bereits zu stehen. Beim 2:0 in Frankreich und beim 2:1 gegen die Niederlande im März ließ Nagelsmann mit derselben Startelf beginnen. Nun wackeln zwei vermeintliche Stammspieler.

Gündogan und Havertz bleiben gegen die Ukraine blass

Der Zehner Ilkay Gündogan, von Nagelsmann nach vorne beordert, da Toni Kroos als Chef-Stratege ins Mittelfeld-Zentrum zurückkehrte. Kai Havertz gibt eine hängende Spitze, die gegen die Ukraine doch ziemlich viel hing - und zwar in der Luft. Beiden fehlten Durchschlagskraft und Torgefährlichkeit.

Schützt Gündogan sein Status als Kapitän, festgelegt noch von Nagelsmanns Vorgänger Hansi Flick? "Ilkay hat gut gespielt. Er hat viel Belastung in den Knochen", verteidigte Nagelsmann den Ex-Nürnberger, "wir brauchen ihn für das Turnier. Er kann uns viel Rhythmus geben. Er gibt uns Ruhe und Struktur, ist ein torgefährlicher Spieler." Dazu kommen seine sozialen Aufgaben neben dem Platz.

Nagelsmanns Alternativen im Kader sind immens, vor allem in der Offensive. Für Havertz käme der Dortmunder Niclas Füllkrug infrage. Der Zielspieler und kopfballstarke Neuner ist unter dem Bundestrainer eigentlich als Joker vorgesehen.

Nagelsmann über Sané: "Er hat in der Nationalmannschaft keinen Rhythmus"

Leroy Sané, der sich seit Wochen beim FC Bayern mit Schambeinproblemen herumplagt und daher kaum trainieren konnte, war gegen die Ukraine noch gesperrt. Am Freitag, beim letzten EM-Test gegen Griechenland, soll Sané auflaufen. "Er hat in der Nationalmannschaft keinen Rhythmus", erinnerte Nagelsmann. Wegen der Schambeinproblematik wird Sané bei der EM "nicht jedes Spiel 90 Minuten machen können, das ist nahezu ausgeschlossen", sagte der Bundestrainer und kündigte an: "Er hat schon die Chance, in die erste Elf zu rutschen." Für Gündogan, weil dann Jamal Musiala auf die Zehner-Position rutscht und dessen Rolle an Sané geht?

In Nürnberg noch Bankdrücker, aber mit erhöhtem Startelf-Potenzial: die Offensiv-Kräfte Niclas Füllkrug (l.) und Leroy Sané. Foto: imago I
In Nürnberg noch Bankdrücker, aber mit erhöhtem Startelf-Potenzial: die Offensiv-Kräfte Niclas Füllkrug (l.) und Leroy Sané. Foto: imago I © imago

Nach der Ankunft der Henkelpott-Gewinner Kroos und Antonio Rüdiger von Real Madrid sowie der Dortmunder Füllkrug und Nico Schlotterbeck muss noch einer aus dem nun vollzähligen 27er-Kader für die EM gestrichen werden. Spätestens Freitag, 23.59 Uhr, ist die Deadline für die Meldung bei der Uefa. Wen erwischt es?

Hoffenheim-Shootingstar Beier macht gegen die Ukraine auf sich aufmerksam

Maximilian Beier (21) wohl nicht. Hat der Flügelstürmer nach dem frischen wie frechen Debüt-Auftritt samt Lattentreffer seine EM-Teilnahme nun sicher? "Er hat sie auf jeden Fall wahrscheinlicher gemacht. Maxi war sehr fleißig, auch defensiv, ein sehr gutes Spiel. Er trainiert auch deutlich besser als im März", lobte Nagelsmann den Hoffenheimer. Der Input der Youngster um Beier & Co. gefällt Oldie Müller: "Wir brauchen die Frische, den Witz von den Jungs." Zufrieden meinte Nagelsmann: "Bisher ist keiner dabei, der es verdient hat, nach Hause zu fahren."

Wahrscheinlichster Kandidat, noch gestrichen zu werden, ist Frankfurts Robin Koch (27), wohl die Nummer fünf im Innenverteidiger-Ranking.

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