Elber lobt: „Schweini ist für Bayern so wichtig wie Robben und Ribéry"

Der AZ-Kolumnist aus Brasilien glaubt, dass die DFB-Elf den Titel holt, freut sich über Argentiniens Pleite – und wundert sich, dass Coach Diego Maradona trotz des 0:4 umjubelt wird.
AZ: Überall auf der Welt redeten die Fans von Deutschland als Weltmeister?
GIOVANE ELBER: Das ist auch in Brasilien so. Fast alle glauben an Deutschland. Ein paar halten zu Uruguay, weil es ein südamerikanisches Team ist. Aber Deutschland ist die Mannschaft, die bei der WM am meisten beeindruckt.
Wodurch?
Man bekommt den Eindruck, die Mannschaft will nicht nur einfach so Weltmeister werden. Sie wollen tollen Fußball mit Leidenschaft dabei spielen. Wie ein Eiskunstläufer, der eine hohe A- und B-Note braucht und anstrebt, um das Publikum zu beeindrucken und die Goldmedaille zu gewinnen. Ich bin so begeistert, dass ich überlege, ob ich nicht zum Halbfinale und Finale noch einmal zurück nach Südafrika fliege.
Trauen Sie Deutschland also den Titel zu?
Wer tut das jetzt nicht? Die Mannschaft muss jetzt so weitermachen wie bisher. Sie darf nichts als garantiert ansehen, muss den Spaß und die Leidenschaft weiter tragen und jedes Spiel wie eine neue Herausforderung annehmen. Das ist eine der Botschaften dieser WM: Fußball ist ein Mannschaftssport! Stars alleine sind gar nichts. Eigentlich eine traumhafte Botschaft. Mir gefällt das unheimlich.
Deutsche Spieler sind nun plötzlich sehr begehrt. Große Klubs haben Interesse, die deutschen WM-Stars zu verpflichten. Sami Khedira, Thomas Müller und einige andere. Auch bei Bastian Schweinsteiger gibt es Gerüchte. Sollte er bei den Bayern bleiben?
Schweini muss bleiben! Er hat dort alles was er braucht, vor allem Vertrauen. Und er hat es geschafft, den nächsten Schritt in die absolute Weltklasse zu machen. Nach der schon tollen Saison hat er jetzt auch auf der ganz großen internationalen Bühne gezeigt, was er gelernt hat. Sein Spiel gegen Argentinien war Weltklasse. Bayern muss alles tun, damit er bleibt. Schweini ist für Bayern so wichtig geworden wie Ribéry und Robben, vielleicht noch wichtiger. Auch was Müller mit seinen 20 Jahren macht, ist eine Sensation, aber man muss ihm Zeit geben, das zu stabilisieren. Er sollte in Ruhe weitermachen, das kann er in München am besten. Die Bayern werden auf ihn Acht geben.
In Brasilien wird die Stimmung weniger gut sein?
Es geht so. Die meisten haben neidlos anerkannt, dass Holland besser war. Die haben mehr getan für das Spiel, obwohl Robben nicht sein bestens Spiel gemacht hat. Brasilien ist verdient ausgeschieden.
Nationaltrainer Carlos Dunga hat seine Chance trotzdem verspielt. Er wurde am Montag entlassen...
Er selbst hatte ja schon angedeutet, dass er gehen will. Für einen Neuanfang sei keine Energie mehr da. Dabei war die Kritik eigentlich nicht so groß wie erwartet. Aber gut, nun ist der Weg für einen neuen Trainer frei. Nach einer solchen WM ist das vielleicht auch der beste Weg.
Der Trainer von Erzrivale Argentinien hingegen wurde trotz der Pleite gegen Deutschland in Buenos Aires gefeiert.
Eigentlich nicht zu glauben! Ich staune über Argentinien, aber Diego Maradona ist eben ein Phänomen. Jeder dachte, er muss gehen, aber jetzt weiß man’s nicht mehr.
Das 0:4 war doch eigentlich eine Demütigung...
(lacht) Nun ja, für uns Brasilianer war das natürlich eine schöne Niederlage für Argentinien. Hier haben sich alle sehr Freude. Was Deutschland aber gezeigt hat, war schlicht Weltklasse. Da hätte jede Mannschaft Probleme gehabt. Ich jedenfalls war völlig baff. So ein Spiel und so ein Ergebnis! Das habe ich nicht erwartet. Ich dachte, das Ding geht ins Elfmeterschießen.