Einzelhandel in München: Aus dem WM-Rausch wird WM-Ramsch

München - Drei fleißige Verkäuferinnen huschen durch die WM-Abteilung eines großen Münchner Kaufhauses. Ihr Auftrag: So schnell wie die Deutschen aus der WM geflogen sind, so schnell sollen sie nun die Spuren der Schmach beseitigen.
Es ist Donnerstagmittag, das katastrophale WM-Aus der Deutschen ist noch nicht einmal 24 Stunden her. Doch in diesem Kaufhaus in der Innenstadt sind schon viele Deko-Artikel verräumt. Fahnen und Hüte in Deutschlandfarben liegen in großen, grauen Boxen, die Regale sind beinahe leer.
"Die Fanartikel werden vom Hersteller zurückgenommen", erklärt eine der Angestellten. Der könne sie bei der nächsten EM oder WM erneut verkaufen. Bei den Trikots sehe es anders aus. "Die werden reduziert, damit man sie noch irgendwie an den Mann bekommt." Tatsächlich prangen neben den DFB-Trikots knallrote Schilder: SALE. 40 Prozent.
In den meisten Läden großer Ketten sieht’s ähnlich aus. Neues Kapitel, neue Produkte – die WM-Artikel werden zurückgegeben oder verramscht.
Bei Sport Münzinger macht man sich keine Sorgen
Nicht so in kleineren Geschäften. Zwar wurde im Traditionsgeschäft "Sport Münzinger" der Auslagentisch im Erdgeschoss umdekoriert und die Preise ein wenig runtergesetzt. "Verramschen möchten wir aber nichts", sagt Store-Manager Gerhard Seidl zur AZ. Er macht sich keine Sorgen um finanzielle Verluste: "Unser Geschäft ist so zentral gelegen, wir sind zuversichtlich."
Viele Touristen würden sich ein Trikot als Erinnerung kaufen, da würde auch das Ausscheiden der Nationalmannschaft nichts dran ändern. "Die Freude sich dann eher, weil die Preise runtergesetzt sind." Ein deutsches Heimtrikot (vorher 89,95 Euro) kostet nun 30 Euro weniger. Außerdem verdient das Geschäft auch gut an den Trikots anderer Mannschaften. In München leben schließlich viele Fans anderer Nationalitäten.
Donuts in Nationalfarben gehen immer
Ähnlich gelassen sieht man das im "Donuts & Candies" in Schwabing. Hier sind die Betreiber mit dem Umdekorieren noch nicht ganz nachgekommen. Im Schaufenster steht ein Schild: "Auf gehts, Deutschland! Holt uns den 5. Stern." Während der WM hat das kleine Geschäft in der Georgenstraße unter anderem Donuts mit Deutschland-Motiven verkauft.
Dass die Deutschen jetzt frühzeitig aus der WM geflogen sind, tut der schwarz-rot-goldenen Deko allerdings keinen Abbruch. Samer Abu Shah, Cousin des Geschäftsinhabers: "Die Deko bleibt noch die ganze WM hängen!" Hier ist man seiner Mannschaft eben auch noch nach dem WM-Aus treu.
"Wir produzieren weiterhin Donuts in Deutschlandfarben. Die Streusel müssen schließlich erstmal aufgebraucht werden", sagt Samer schmunzelnd. Obwohl der gebürtige Brasilianer eigentlich der südamerikanischen Mannschaft die Daumen drückt, ist er "auf jeden Fall enttäuscht" über das WM-Aus für Deutschland.
Vielleicht hat er ja recht und über den Frust hilft ein Donut hinweg. Etwas Süßes hilft schließlich in fast jeder Lebenssituation.