Einrücken! Anpfiff abholen!
Bundestrainer Joachim Löw lässt für seine Grundsatzrede vor dem England-Spiel sogar Verletzte anreisen.
BERLIN Große Ansprache, Verhaltens-Kodex, Prämien-Poker - nur vom Spiel gegen England redet kaum einer. Joachim Löw steht beim Klassikers am Mittwoch in Berlin (20.45 Uhr, ZDF live) vor einer heiklen Mission. Auf der einen Seite muss der Bundestrainer die Streitigkeiten im Nationalteam endgültig beseitigen, andererseits soll das Länderspieljahr gut abschlossen werden.
„England ist das Team der Stunde“, betont Löw, „sie haben einen unglaublich starken Eindruck gemacht, kompakt, schnell nach vorne, technisch sehr gut.“ Allerdings kommen die Engländer geschwächt nach Berlin: Wayne Rooney, Steven Gerrard und Rio Ferdinand fallen verletzt aus. Auf David Beckham verzichtet Coach Capello freiwillig – dem US-Profi fehle die Praxis.
Löw geht dennoch Risiko. Er nominierte mit Marcel Schäfer (Wolfsburg), Marvin Compper und Tobias Weis (beide Hoffenheim) drei Länderspiel-Frischlinge, während er auf die nicht zu 100 Prozent fitten Stars Philipp Lahm und Michael Ballack verzichtet. Dabei hatten beide am Samstag gespielt: Lahm trumpfte bei Bayerns Gastspiel in Gladbach bis Minute 65 auf, Ballack wurde bei Chelseas 3:0 bei West Bromwich Albion in Minute 68 eingewechselt. Dennoch, so Löw, käme ein Einsatz für den DFB-Kapitän zu früh: „Er ist noch nicht im Vollbesitz seiner Kräfte.“ Stürmer Lukas Podolski, am Wochenende wegen Rückenproblemen nicht im Bayern-Kader, sei hingegen einsatzbereit.
Doch auch Lahm und vor allem die zuletzt renitenten Routiniers Ballack und Torsten Frings – der formschwache Bremer ist nicht nominiert – lässt Löw ins Mannschaftshotel Hyatt am Potsdamer Platz einrücken. Denn heute wird der Bundestrainer eine Grundsatzrede halten. 30 Minuten, in denen Löw seine neue, knallharte Linie darlegen wird. „Eine Aussprache wird es nicht geben“, kündigt der 48-Jährige an, „es gibt eine Ansprache von meiner Seite aus, um einfach nochmal einige Dinge klarzustellen und um der Mannschaft nochmals zu sagen, wie ich es mir in Zukunft vorstelle.“
Denn über die jüngsten Querelen ist sogar DFB-Boss Theo Zwanziger verärgert: „Das Image der Nationalmannschaft hat gelitten.“ Mehr Geld für die Nationalspieler gibt es dennoch. Kapitän Ballack wird Chef des Mannschaftsrates heute Abend mit dem Verband die Prämienregelung für die WM-Qualifikation aushandeln. Und Zwanziger sagt: „Die Erträge aus der WM werden steigen, deshalb sollen auch die Spieler davon profitieren.“ Für die erfolgreiche EM-Qualifikation hatten die Stars – je nach Anzahl der Berufungen – 12500 Euro bis 150 000 Euro kassiert.