Ein Schicksalsschlag, der stark machen soll

Der Sohn (4) des Ersatztorhüters ist an Leukämie erkrankt. „Wir spielen für ihn!“
JOHANNESBURG Die sonst so lustigen Australier sind down. Im Lager von Deutschlands WM-Auftaktgegner (Sonntag 20.30 Uhr) herrscht kollektive Tristesse. Die „Socceroos“ fühlen mit ihrem Ersatzkeeper Brad Jones. Der Torwart vom FC Middlesbrough war kurz nach der Ankunft im Trainingslager in Muldersdrift wieder nach Hause geflogen. Sein vierjähriger Sohn ist schwer erkrankt: Leukämie, Blutkrebs!
Ein Schock auch für Jones’ Kollegen. „Fußball ist für jeden von uns plötzlich völlig unwichtig“, sagt Kapitän Lucas Neill, „das gilt sogar für eine WM.“ Der Käpt’n erklärt: „Wir betrachten uns hier alle als eine Familie. Diese Nachricht war daher eine Katastrophe. Das hat uns alle hart getroffen.“ Stammtorwart Mark Schwarzer, den Tränen nahe: „Es war für jeden ein Schock.“
Auch Trainer Pim Verbeek zeigt Mitgefühl für die „sehr ernste Angelegenheit“ seines Ersatzkeepers. „Das ist größer als die WM.“
Dennoch muss der Coach nun den Focus seiner Profis auf die Eröffnungspartie gegen das DFB-Team lenken. Und vertraut dabei auf die Jetzt-erst-recht-Mentalität der Aussi-Kicker. Kapitän Neill gab schon mal die Losung aus: „Wir spielen für Brad.“ Keiner rechnet damit, dass Jones nach dem Schicksalsschlag nach Südafrika zurückkommt. „Brad kann solange bei seiner Familie bleiben, wie er möchte“, sagt Trainer Verbeek. Er hat vorsorglich Eugene Galekovic als dritten Keeper nachnominiert, die Fifa stimmte „wegen der besonderen Umstände“ zu.
Die Familientragödie um Jones drängt die sportlichen Probleme der Australier total in den Hintergrund. So bangen die „Socceroos“ um Regisseur Tim Cahill. Der 30-Jährige vom FC Everton klagt seit dem 1:3 im Test gegen die USA über Nackenbeschwerden, kann nicht mit der Mannschaft trainieren, sondern joggt derzeit mit einem Betreuer im Schritttempo um den Trainingsplatz.
Auch der Ärger um den Trainingsplatz: nur Peanuts. Verbeek schimpfte über den Rasen auf dem Platz in Ruimsig im Westen Johannesburgs: „Ein Acker. Sie haben versucht, den Rasen in einen vernünftigen Zustand zu versetzen, aber das ist misslungen.“ Der Niederländer zog mit seinen Stars zum Üben ins Roodeport Athletics Stadium um.
Totale Depression im Aussie-Camp? Kapitän Neill verspricht: „Der Schicksalsschlag von Brad und alle anderen Probleme schweißen uns nur noch mehr zusammen.“
Mit ihrem außergewöhnlichen Teamgeist hatten die Australier schon vor vier Jahren bei der WM in Deutschland das Achtelfinale erreicht. Löw und Co. sollten gewarnt sein.
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