Ein Podolski sind 30 Müllers
Die deutschen Nationalspieler sind Werbe-Ikonen. Noch führt der kriselnde Kölner mit einem Werbewert von drei Millionen Euro die Liste an, doch Schweinsteiger schickt sich an, ihn abzulösen.
PRETORIA Fußball ist ein Millionen-Geschäft und die WM das das größte globale Schaulaufen der Kick-Elite. Fast wie an der Wall Street steigen Kurse oder fallen ins Uferlose. Denn den Werbewert, den kann man taxieren. Da kann man spekulieren, da kann man Tendenzen und Prognosen ablesen. Die deutsche Nationalmannschaft hat nicht nur auf dem Rasen einen Generationenwechsel vollzogen, sondern auch auf der Spielfläche des Werbemarktes hat es einen Umbruch gegeben. Gut, Michael Ballack ist trotz Vereltzung noch allgegenwärtig, aber die jungen Wilden übernehmen das Ruder. Die Fachzeitschrift „w& v - werben und verkaufen“ hat die neuen Werbeträger – in neudeutsch Testimonials – der Nationalmannschaft von „Sport & Markt“ analysieren und taxieren lassen. Die AZ fragte bei Marketing-Experte Peter Ehm, Chefredakteur bei headline1.de, nach.
Manuel Neuer (Werbewert 500000 Euro, Partner: adidas, Ferrero): „Neuer ist unverbraucht. Ein Schwiegersohntyp. Wenn er skandalfrei bleibt, nicht den Tiger Woods raushängen lässt, hat er Potenzial. Werbetechnisch ist seine Tendenz steigend. Er macht die Nutella-Werbung, das ist das Einsteiger-Sprungbrett“, sagt Ehm, „er wird bald mehr verdienen.“
Bastian Schweinsteiger (2Mio. Euro, adidas, Bifi, EA Sports, Börse Stuttgart, Deutsche Telekom): „Er hat einen leistungsmäßigen Quantensprung gemacht und ist vom Schweini zum Bastian gereift. Da verzeiht man ihm auch seine Bifi-Fehlgriffe. Er ist marketingmäßig gesehen die größte Goldader im deutschen Fußball“, sagt Ehm, „er war lange Zeit nicht gut beraten, jetzt kann man ihn für Premiumprodukte nutzen.“
Cacau (300000 Euro, Nike): „Er kommt sehr sympathisch rüber, aber er hat noch kein Öffentlichkeitsprofil, dass ihn interessant macht. Er muss erst langfristig Leistung bringen, um groß in der Werbung präsent sein zu können“, sagt Ehm, „er wird auf dem Niveau erstmal stagnieren.“
Sami Khedira (300000 Euro, Nike): „Mit seinem Modelaussehen hat er alle Möglichkeiten von Luxusklamotten über Körperpflegeprodukte, aber vorerst fehlt ihm der Wiedererkennungswert“, sagt Ehm, „er braucht viele gute Spiele, um sich nachhaltig in den Köpfen festzusetzen.“
Philipp Lahm (800000 Euro, adidas, Pringles, Cewe Color, Libella, UniCredit): „Der nette Philipp ist zum Mann gereift. Sein Marktwert wird nach der WM gewaltig steigen. Er strahlt Seriosität aus, da stört auch seine etwas quäkige Stimme nicht, sie ist in Zeiten glattgebügelter Spieler ein Markenzeichen“, sagt Ehm, „er verkörpert alle Tugenden, die einen sympathisch machen. Er ist nett, sozial engagiert, aber auch nicht zu angepasst, familienbezogen. Ein guter Werbetyp.“
Mesut Özil (500000 Euro, Nike, Ferrero): „Das spitzbübische Messerabschlecken der Nutella-Werbung passt zu ihm. Er ist clever, aber sowohl als Spieler als auch als Werbefigur von der Weltklasse noch weit entfernt. Bei ihm darf man nicht auf den schnellen Euro schielen, sondern muss langfristig planen. Mit seinem deutsch-türkischen Wurzeln hat er eine sehr große potenzielle Zielgruppe“, weiß Ehm.
Thomas Müller (100000 Euro, adidas): „Ein Rohdiamant. Er hat eine etwas bauernschlaue Art, die jeder mag. Er verkörpert bei allem Einsatz ein bisschen die Leichtigkeit des Seins“, sagt Ehm, „etwa für BMW würde das gut passen.“
Lukas Podolski (3 Mio. Euro, Rewe, Solarworld, adidas, Griesson de Beukelaar, Hugo Boss, Ubisoft): „Tendenz Börsencrash. Bei einem Spieler, der immer gute Laune versprüht, egal, wie schlecht es für ihn läuft, fragen sich auch die Werbepartner: Was soll das?“, sagt Ehm. „Er ist der große Verlierer dieser WM. Mir fällt kein deutsches Unternehmen ein, dass sich von seinem Image her mit dem happy Loser Lukas Podolski verbunden sehen will.“
Die WM-Börse, sie ermittelt ihre Sieger und Verlierer gnadenlos.
Matthias Kerber