Diskussion um Klose: "Der Idealtyp - perfekt!"

Nach der Kritik von Uli Hoeneß debattieren ehemalige Nationalspieler in der AZ darüber, ob Miro Klose jemals an Gerd Müller ranreichen wird – oder nur gegen Liechtenstein getroffen haben soll.
von  Florian Bogner

MÜNCHEN In Italien bekamen sie sich am Montag kaum mehr ein vor lauter Lobeshymnen auf Miroslav Klose. „Er ist gierig und bekommt nie genug. Einer wie er wird nicht oft geboren”, schrieb der „Corriere dello Sport” nach den Saisontoren vier und fünf des „Tyrann von Europa, dem ewigen Bomber”, der mit Lazio Rom auf Aufsteiger Delfino Pescara „herababgestürzt” sei.


Klose? Bomber? Sicher, in Sachen Länderspieltore liegt der Stürmer mit 64 Treffern nur noch vier hinter dem großen Gerd Müller zurück. Vergleiche mit dem Bomber der Nation hat Klose jedoch stets devot abgelehnt – und wird vor seinem 125. Einsatz für den DFB aber doch wieder damit konfrontiert. „Wenn ich schon höre, dass Klose fast so viele Tor geschossen hat wie Gerd Müller!”, meinte Bayern-Präsident Uli Hoeneß im „Spiegel”. „Klose hat 80 Prozent seiner Tore gegen Liechtenstein und Co. erzielt, mindestens”, sagte Hoeneß, die Tatsache ignorierend, dass Klose noch nie ein Tor gegen Liechtenstein geschossen hat. Der Konter folgte prompt von DFB-Teammanager Oliver Bierhoff, der Hoeneß Aussage „enttäuscht” aufnahm: „Das klang schon etwas abfällig. Ich finde das nicht gut.”


Die Frage, die Hoeneß damit aufwarf, ist folgende: Darf Klose künftig in einem Atemzug mit Müller, Uwe Seeler und Co. genannt werden, oder nicht?


Die AZ hat sich bei ehemaligen DFB-Stürmern umgehört.

Uwe Seeler (WM-Zweiter 1966, 72 Länderspiele, 43 Tore, heute HSV-Legende im Ruhestand): „Von einem Vergleich zwischen Müller und Klose halte ich prinzipiell überhaupt nichts. Ich meine aber: Miroslav ist sehr erfolgreich, warum soll man ihm diesen Erfolg dann nicht auch gönnen? Er ist der erfolgreichste Stürmer der letzten Jahre, dementsprechend sollte man ihm auch Respekt beimessen. Wichtig ist doch, dass er uns weiter Freude macht und Tore schießt. Bei aller Liebe darf man aber auch nicht vergessen, dass ein Vergleich zwischen ihm und Gerd Müller allein wegen der Anzahl der Länderspiele hinkt. Zu meiner Zeit hat man vier Länderspiele pro Jahr gemacht, bei Müller dann vielleicht fünf, heute sind es zwölf.”


Horst Hrubesch (Europameister 1980, 21 Länderspiele, sechs Tore, heute DFB-Nachwuchstrainer): „Ich habe Gerd Müller selbst noch erlebt: Mit welcher Effektivität er getroffen hat, war phänomenal. Ob Miro ihn jetzt überholt oder nicht – für mich wird Müller immer unangefochten an der Spitze bleiben. Zur Kritik von Uli Hoeneß: Tore musst du erst mal schießen, egal gegen wen. Darüber sollte sich Miro keine Gedanken machen. Als Stürmer wird man immer an Toren gemessen – dabei ist das eigentlich Schwachsinn. Vor allem, weil Miro ein kompletter Spieler ist, auch mal den Ball hält oder vorlegt und eben nicht nur Tore schießt. Er ist der Idealtyp, perfekter kann man diese Rolle nicht verkörpern. Und zudem hat er überall seine Tore gemacht – das ist doch letztlich die Bestätigung seiner Qualität. Gerade weil er einen einwandfreien Charakter hat, kann man aus Kritik zusätzliche Motivation ziehen. Wenn Hoeneß so etwas sagt, kann das Miro doch nur anstacheln. Mich hat solche Kritik jedenfalls nie getroffen. Und Miro trifft das auch nicht. Wichtig ist die Akzeptanz im Team – und Miro ist in der Nationalmannschaft total akzeptiert. So etwas verdient man sich nicht, indem man nur egoistisch auf Tore aus ist.”

Klaus Allofs (Europameister 1980, 56 Länderspiele, 17 Tore, heute Geschäftsführer Werder Bremen):
„Was Uli Hoeneß mit den Länderspielgegnern angesprochen hat, ist nunmal Fakt: Damals gab es weniger Spiele gegen San Marino, Liechtenstein und Co. – das höchste der Gefühle war vielleicht mal Malta. Der Punkt ist: Da kann Miroslav Klose ja nichts dafür. 125 Länderspiele und 64 Tore sind eine unglaubliche Leistung. Punkt. Dass auch mal Kritik aufkommt, haben alle Stürmer, die je für Deutschland gespielt haben gemein – vielleicht mit der Ausnahme von Gerd Müller. Das zu vergleichen, bringt nichts. Miroslav Klose ist einfach ein außergewöhnlicher, ein überragender Spieler, der für mich zu den fünf besten DFB-Stürmern aller Zeiten zählt. So lange auf diesem hohen Niveau zu spielen, das muss man respektieren – und auch honorieren.”

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