Dirk Enke erzählt: Das Leid eines Vaters
HANNOVER - "Komm wir reden mal, als Vater und Sohn" - Wie Dirk Enke vergeblich versuchte, den Nationaltorwart zu retten - und wie Robert Enke die letzten Stunden seiner Tochter erlebte.
Ein Vater sieht, wie sein Kind zugrunde geht. Er kann seinem Sohn nicht helfen, obwohl das sein Beruf ist. Das Zeugnis des Dirk Enke beschreibt das Leiden von Robert Enke. Und es beschreibt erschütternd, wie sehr der Tod der kleinen Tochter den Spieler mitgenommen und vielleicht gebrochen hat.
Im neuen „Spiegel“ spricht Dirk Enke, promovierter Psychotherapeut aus Jena, ausführlich über seine Versuche, an Robert ranzukommen. „Das hat er immer abgeblockt“, so Enke: „Robert hat die anderen ganz intensiv im Glauben gelassen, dass alles gut ist. Ich habe ihm sehr oft angeboten: ,Komm wir reden mal, als Vater und Sohn’.“ Vor allem: „Ich wollte nicht mit ihm als Fachmann reden“, sagt Enke: „Vielleicht dachte er: ,Der Alte kennt sich aus und steigt dahinter, wovor ich Angst habe’.“ Robert habe „eine Ahnung gehabt: da stimmt was nicht in meinem Leben“. Der Vater rätselt selbst, „warum es zu so einer Mauer, zu so einer Verschlossenheit“ kam.
Dirk Enke riet seinem Sohn zu einer stationären Behandlung
„Fußball ist das einzige, was ich kann und was mir Spaß macht“, hat der Torwart gesagt. Vor anderthalb Wochen war das. Da hatte der Vater ihm zuletzt geraten, sich stationär behandeln zulassen: „Dann ist es aus mit Fußball“, hat Robert geantwortet.
Schon in der Jugend sei das losgegangen mit den Ängsten, erinnert sich Dirk Enke: Das Riesentalent Robert durfte bei den Älteren mitspielen „Aber er hatte Angst, nicht mithalten zu können“. Manchmal habe er Angst gehabt, dass ein Schuss aufs Tor kommt. Einmal habe Robert gefragt: „Sag mal, Papa, nimmst du mir das übel, wenn ich mit dem Fußball aufhöre?“ Der Vater: „Robert, das ist doch nicht das Wichtigste, um Gottes willen!“
Diagnostiziert wurde Enkes Depression 2003. Da hatte der heutige Bayern-Trainer Louis van Gaal den frisch zum FC Barcelona gekommenen Enke nach nur einem Spiel aussortiert. Von der Degradierung erfuhr er aus der Zeitung.
Robert Enke überwand den Tod seiner Tochter Lara nicht
Vater Enke bemüht sich aber, die Fußball-Verantwortlichen zu entlasten: „Es ist mir wichtig, Herrn Löw von der Frage zu entlasten: Was wäre, wenn ich ihn nominiert hätte. Ich glaube, dass Robert das in Ordnung fand.“
Katastrophal muss für den jungen Vater der Tod seiner Tochter Lara vor drei Jahren gewesen sein: Enke schildert die letzten schrecklichen Stunden: „Nach der Gehör-Operation kam Robert direkt nach dem Spiel in die Klinik. Er schläft abends neben der Kleinen ein. Am nächsten Tag wird er vom Gerüttel und Geschüttel der Schwestern wach, die versuchen Lara wiederzubeleben.
Seinem Sohn sei als erstes durch den Kopf gegangen: „Ich habe das nicht mitgekriegt, ich bin daran schuld“. Da, so der Vater, kam noch mal ein Vesagenserlebnis dazu.“ Ganz lange habe Robert gebraucht, um davon loszukommen.
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