Diego wer? Müller hat jetzt mehr WM-Tore als Maradona

Recife - Jermaine Jones war verwirrt. Der US-Amerikaner sagte nach dem 0:1 während seiner Spielanalyse: „Die Bayern, äh die Deutschen, sind schon eine Super-Truppe.“
Sechs Bayern-Profis in der Startelf, später wurde noch Mario Götze eingewechselt. Doch der Matchwinner war wieder einmal: Thomas Müller. Sein Weitschuss – ja richtig, ein Innenristschlenzer von knapp außerhalb des Strafraums – passte perfekt. „Jetzt habe ich tatsächlich mal ein schönes Tor geschossen. Ab und zu fällt mir auch mal einer vor den Fuß.
Aber ich mache ja nix anderes als trainieren wie ein Wahnsinniger“, scherzte Müller.
Nach dem Dreierpack zum Auftakt gegen Portugal (4:0) war es schon der vierte Turniertreffer für den 24-Jährigen. Damit liegt Müller auf Platz eins – mit recht prominenten Mitstreitern: Brasiliens Neymar und der Argentinier Messi.
Das war’s noch nicht. Denn in der ewigen DFB-WM-Torjägerrangliste hat Müller mit nun insgesamt neun Toren wieder einen Platz gut gemacht und Rudi Völler überholt. Nun liegt er auf Rang fünf, gemeinsam mit HSV-Legende Uwe Seeler und seinem Boss beim FC Bayern: Karl-Heinz Rummenigge. Zu überholen in den nächsten Spielen: Helmut Rahn (10 Tore), Jürgen Klinsmann (11), Gerd Müller (14) und Teamkollege Miroslav Klose (15).
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Und über den DFB-Tellerrand hinaus? Müller hat die Hand Gottes überholt, nun einen WM-Treffer mehr als 1986er-Weltmeister Diego Armando Maradona. Das ist doch mal was. Und der gute Diego hätte sich das auch nicht träumen lassen, damals im März 2010.
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Maradona war Zeuge des Länderspiel-Debüts von Müller in der Münchner Allianz Arena – er war Argentiniens Nationaltrainer. Die DFB-Elf verlor 0:1, unterhaltsamer die Begegnung der beiden im Presseraum. Als Maradona sich aufs Podium hievte, saß dort ein Bubi, 20 Jahre, aus Weilheim, mit den Zeichen eines Teenagers im Gesicht. Maradona erkannte ihn nicht. Die Legende zeterte und gestikulierte. Ein Löw okay, besser ein Franz, aber nicht irgendein Bürschchen, sollte neben ihm vor der Weltpresse sprechen. Schließlich verließ Maradona das Podium.
Müller musste weg. Man überredete ihn, er nahm’s locker. Erst dann kraxelte Maradona, der sich die Wartezeit mit dem Schreiben von Autogrammen verdingt hatte, zurück aufs Podest.
1:0 Diego. Doch wenige Monate später lernte Maradona diesen Müller richtig kennen. Kapstadt, der 3. Juli 2010. Deutschland zerlegte im WM-Viertelfinale Diegos Argentinier 4:0. Müller traf per Kopf zum 1:0. Die argentinische Zeitung „Ole“ schrieb: „Diego, der Junge heißt Müller!“ 1:1.
Nun ist er ein Weltstar. Verteidigt Müller gar seinen Titel als Torschützenkönig? Löw: „Er ist im Strafraum immer da. Seine Form ist schon seit Wochen sehr gut.“ Und besser als Diego. 2:1.