Die Trainerfrage in und um Deutschland
Die EURO 2012 ist Vergangenheit, der Blick richtet sich bereits auf die WM 2014 in Brasilien. Bundestrainer Joachim Löw hat schon am Montag seinen aufgestauten Ärger über die Berichterstattung einiger Medien nach dem EM-Halbfinal-Aus gegen Italien durch eine Wutrede verarbeitet. Andere große europäische Fußball-Verbände gehen unterdessen mit neuen Trainern in das Unternehmen WM-Qualifikation.
Köln – Die Länderspiele am Mittwoch geben – auch wenn der Termin überaus ungünstig gewählt ist – zumindest erste Fingerzeige. So sind die Fans gespannt, was Vize-Weltmeister Niederlande unter Louis van Gaal, Frankreich mit Didier Deschamps und Russland unter Federführung von Fabio Capello in den Premierenspielen zustande bringen werden. Besonders Oranje wurde bei der EM-Endrunde aus allen Wolken gerissen. Der Vize-Weltmeister von 2010 dachte nicht im Traum daran, bei der EURO so auf die Nase zu fallen. Nun soll also Ex-Bayern-Trainer van Gaal, der schon einmal als Bondscoach gescheitert ist, das Starensemble zu alter Stärke führen. Kein leichtes Unterfangen, denn der eigenwillige van Gaal ist kein Mann für Kompromisse. Mal sehen, ob ihm die niederländischen Asse wie van Persie, Robben oder Sneijder wirklich bedingungslos folgen.
Bei der Equipe Tricolore ist Deschamps ebenfalls nicht zu beneiden. Nach der Chaos-WM 2010 in Südafrika, wo les Bleus kein Fettnäpfen ausließen und sogar die Politik auf den Plan riefen, ist längst nicht alles in Butter. Die EM bedeutete zwar eine deutliche Leistungssteigerung, aber erneut offenbarten die Franzosen Disziplinprobleme. Hier muss der Kapitän des Weltmeisterteams von 1998 als Coach den Hebel ansetzen. Das Ansehen der französischen Auswahl in der Grande Nation hat allerdings deutlich gelitten. Jeder weitere noch so kleine Ausraster der Spieler wird mit Argusaugen beobachtet und entsprechend bewertet.
Und Capello gehört mit seinem Salär beim russischen Verband RFU sicher zu den am höchsten bezahlten Nationaltrainern der Welt. Da dürfte aber auch Schmerzensgeld dabei sein. Denn die Sbornaja enttäuschte nicht nur bei der EURO, wo überraschend nach der Vorrunde Endstation war, sondern auch hinterher durch das arrogante Auftreten einiger russischer Spieler wie zum Beispiel von Kapitän Andrej Arschawin. Capello muss nicht nur bis zur WM 2014 wieder eine taugliche Formation aufbauen, sondern auch langfristig die Heim-WM 2018 im Blick haben. In sechs Jahren wollen die Russen als Gastgeber – so ihr eigener Anspruch – ein gewichtiges Wort bei der Titelvergabe mitsprechen. Die russische Erwartungshaltung ist traditionell riesengroß.
Im Vergleich dazu ist Löw doch fast zu beneiden. Er musste „nur“ eine Hymnen-, Memmen- und Luxus-Diskussion führen...
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