Die Seiten des Thomas Müller: Der Goldmüller, der Pechmüller

Kaum ist die EM vorbei, beendet Thomas Müller seine Torflaute im DFB-Dress. Löw: "Es ist ja wieder WM-Zeit, er wird erleichtert sein".
von  Patrick Strasser
Der doppelte Müller: In der WM-Qualifikation gegen Norwegen (3:0) erzielte der Stürmer zwei Tore.
Der doppelte Müller: In der WM-Qualifikation gegen Norwegen (3:0) erzielte der Stürmer zwei Tore. © dpa

Kaum ist die EM vorbei, beendet Thomas Müller seine Torflaute im DFB-Dress. Bundestrainer Joachim Löw sagt: "Es ist ja wieder WM-Zeit, er wird erleichtert sein".

München - Der letzte Stürmer, der für die Nationalelf in einem WM-Qualifikationsspiel in Norwegen getroffen hatte, war Fritz Walter. 63 Jahre ist das nun her, 1953 spielte die Mannschaft von Bundestrainer Sepp Herberger an Ort und Stelle in Oslos „Ullevaal“-Stadion 1:1. Beim 3:0 am Sonntagabend traf Thomas Müller doppelt und überholte damit im ewigen Torjäger-Ranking der DFB-Historie: Fritz Walter, 33 Tore.

Der 26-Jährige kommt nun auf 34 Erfolgserlebnisse in 79 Länderspielen. Elf Monate hatte Müller kein Pflichtspieltor für die Nationalelf erzielt, zuletzt beim 2:1 gegen Georgien im Oktober 2015 getroffen. Einer wie Müller verkauft’s nach außen hin mit Humor, doch die Torjägerseele litt. Nicht mehr komisch, eher tragisch war seine Pechsträhne bei der EM in Frankreich: sechs Spiele, sechs Enttäuschungen. Viele Chancen, kein Treffer. Nicht mal im legendären Elfmeterschießen im Viertelfinale gegen Italien. Eine tiefe Narbe blieb. Der Pech-Müller und sein EM-Fluch.

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Nach der EM ist Müllers WM-Torejagd eröffnet

Denn kaum ist WM oder klebt das Logo für Russland 2018 auf den Trikotärmeln, blüht Müller auf. Der WM-Müller, der Gold-Junge. Sein Tor zum 1:0, durch ein energisches Nachfassen erzielt, erarbeitete er sich. „Da war endlich das Quäntchen Glück wieder da, was man als Torjäger braucht“, meinte Müller, „wenn man trifft, hat man seine Ruhe und kann sich mit seinen Jungs aufs Fußballspielen konzentrieren.“ Dann zählt keiner die Torlos-Minuten, quälen ihn keine Reporter mit Statistiken.

Muss aber manchmal sein. Zehn Tore in 13 WM-Endrundenspielen, 2010 in Südafrika wurde er am Ende seiner ersten Profisaison sogar Torschützenkönig – das ist die eine Seite. Bei elf EM-Endrundenpartien steht eine dicke, schwarze Null. Nimmt man die Qualifikationsrunden hinzu, ist die Bilanz gar nicht so frappierend unterschiedlich. WM: Mit dem Norwegen-Doppelpack sind es nun 16 Treffer in 24 Spielen. EM: 12 Tore in 30 Matches. Vor allem in der Quali auf dem Weg nach Frankreich müllerte es: neun aus neun. Im Juni/Juli hieß es dann jedoch: Rien ne va plus – nichts geht mehr.

„Er hatte in Frankreich das Pech an den Füßen kleben“, sagte Löw am Sonntagabend. Er freue sich sehr für Müller, dass dieser wieder getroffen habe, so der Bundestrainer, „weil es schon an ihm genagt hat. Eben weil er ja Torchancen hatte. Die Tore gegen Norwegen werden ihm wieder Auftrieb geben.“ Hofft Löw und fügte mit einem Schmunzeln wissend hinzu: „Es ist ja wieder WM-Zeit, die WM-Qualifikation hat begonnen. Er wird erleichtert sein.“ Und da trifft Müller ja regelmäßig.

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Gomez vor Bundesliga-Comeback

Mittelstürmer Mario Gomez – so verrückt das im Herbst 2016 klingt – darf also auch mal fehlen. Der Neu-Wolfsburger ist nach seiner Muskelverletzung von der EM aktuell im Aufbautraining, hat für den VfL schon in einem Testspiel getroffen und steht vor seinem Bundesliga-Comeback. Durch seine Wucht und seine Präsenz im Strafraum hatte sich der Mittelstürmer klassischer Prägung in Frankreich ins Team (auf-)gedrängt. Die Rufe nach Akteuren seines Spielertypus’ – eine im Ballbesitz-geprägten Fußball unserer Tage aussterbende Gattung – werden lauter und lauter. „Wir haben sehr viele, die die Tore gern vorbereiten“, sagte Innenverteidiger Mats Hummels in der „FAS“. Seiner Meinung nach könnte man „mehr Spieler gebrauchen, die die Tore auch schießen wollen“. In der Nationalelf müsse es „noch mehr torgeile Spieler“ geben. Julian Draxler (Wolfsburg) und den momentan verletzten Marco Reus (BVB) nannte er explizit.

Mehr Zielstrebigkeit und Effizienz im Abschluss hatte Löw vor dem Norwegen-Spiel eingefordert. Vor allem Müller setzte es um. „Ich habe nie an der grundsätzlichen Qualität meines Abschlusses gezweifelt“, sagte er. Aber am Mittelstürmer-Nachwuchs: „Ich sehe jetzt aktuell keinen, der da nachkommt und diese Attribute mitbringt. Deswegen müssen wir da immer ein bisschen diese Zwitterlösungen finden.“

Doppelter Müller: Lockerer 3:0-Sieg der DFB-Elf gegen Norwegen

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