Die Rekordjägerinnen
Bundestrainerin Neid will am Donnerstag gegen England zum bereits siebten Mal Europameisterin werden – und für Stürmerin Birgit Prinz geht es, nach einer Krise, um einen perfekten Abschluss.
HELSINKI Vor dem Finale wird die Bundestrainerin ihre erfahrenste Stürmerin zur Seite nehmen und ihr gut zureden. Denn Silvia Neid kennt die 31-jährige Birgit Prinz seit 15 Jahren – und die zwei sind im DFB-Team die Spezialistinnen für EM-Endspiele. Beide stehen am Donnerstag gegen England (18 Uhr, ZDF und Eurosport live) vor neuen Rekorden. „Ich bin sehr froh, dass ich die ganze Zeit dabei sein durfte“, sagte Neid nun.
Schon zum siebten Mal – dreimal als Spielerin, dreimal als Co-Trainerin, nun erstmals als Chefcoach – steht die 45-Jährige in einem EM-Endspiel. „An das erste 1989 und an das von 2001 habe ich die stärksten Erinnerungen", sagte sie. 1989, das 4:1 gegen Norwegen in Osnabrück, gilt Neid als „Durchbruch des Frauen-Fußballs in Deutschland: erstmals war das Stadion mit 22000 Zuschauern voll“. Und 2001 gab es ein 1:0 gegen Schweden. „Ich weiß noch genau, als Claudia Müller das Golden Goal geschossen und danach ihr T-Shirt über den Kopf gezogen hat." Das Besondere an Neids persönlicher EM-Historie – verloren hat sie ein Finale noch nie.
Dies gilt ebenso für Rekordnationalspielerin Prinz (197 Partien/123 Tore). Und ihr wäre ein neuerlicher EM-Triumph – es wäre ihr fünfter – enorm wichtig. Denn die dreimalige Weltfußballerin, der die jüngeren Spielerinnen bislang die Show stahlen, sehnt sich nach einem guten EM-Abschluss, nach einem Tor im 50. und letzten EM-Spiel – wie damals bei ihrer ersten Finalteilnahme 1995. „Sie war unser Küken“, erinnert sich Neid. In Kaiserslautern wurde die 17-jährige Prinz eingewechselt. Zwei Minuten später schoss sie ein Tor beim 3:2 gegen Schweden. Es war der Beginn einer großen Karriere. Silvia Neid hingegen hörte auf und wurde Coach.
Als Trainerin hat sich die Badenerin einen Namen geschaffen. Schon als Spielerin war sie eine Führungsfigur. Als Fifa-Boss Sepp Blatter einmal eine Runde ehemaliger Stars wie Beckenbauer, Pele oder Platini einlud, war sie als einzige Frau dabei. In den fünf EM-Spielen besiegte sie mit ihrem Team vier Mannschaften, die alle von Männern trainiert wurden. Im Finale trifft sie in Hope Powell auf eine Kollegin. Die Bemerkung der Engländerin, ihr Team werde bei der EM erst im Finale die Bestform abrufen, konterte die Bundestrainerin: „Wenn wir spielen, was wir können, wird England nie in Bestform kommen. Ich bin überzeugt, dass wir gewinnen.“
Und exakt hiervon ist auch der DFB überzeugt. Denn die anschließende Party in einem finnischen Restaurant ist bereits geplant, auch der Empfang auf dem Frankfurter Römer am Freitag um 14 Uhr.
Gregor Derichs