Die EM im ZDF: Fußball-Mose von der MS Kahn

Thilo Komma-Pöllath hat sich den Fußball-Abend im ZDF angesehen – und besonders auf die Protagonisten am Fußballstrand in Usedom geachtet.
Was ist der Fußball schon ohne Kulisse? Ohne die Südtribüne in Dortmund, die „Kop" in Liverpool oder die Ostsee im ZDF. Wer Befürchtungen hatte, die EM finde in Polen und der Ukraine statt, also zwei Ländern, die der durchschnittliche ZDF-Zuschauer bestenfalls aus Geschichten vom Krieg kennt, kann aufatmen. Keine polnischen Autodiebe, keine ukrainischen Dirnen, keine kommunistischen Plattenbauten im Bild.
Dafür Oliver Kahn und die zartrosa gekleidete Zugehfrau Katrin Müller-Hohenstein am Strand von Usedom. Ins Meer wurde eine surreale Bühne gezimmert, dahinter eine LED-Wand, die berühmte Seebrücke von der Sonne umstrahlt und einmal ist sogar eines dieser riesigen Kreuzfahrtschiffe zu sehen. Mutmaßlich die MS Kahn. Hat er nicht einen Motorbootführerschein?
Experte Kahn rezitiert in grauer Wildlederjacke und schwarzem T-Shirt seine Lieblingsvokabeln „antizipieren" und „vollstrecken" gen Firmament des Rentnerparadieses, dabei rudert er immer mit beiden Armen so, als wolle er wie einst Moses die Ostsee teilen. Die Sonne steht dabei so tief, dass Kahn die Augen gar nicht mehr öffnen mag. Ein Sehender ist er, so oder so, auch wenn er nur blinzelt.
Nach fast sieben Stunden Live-Sendung fragt die Zugehfrau den Titan: „Was war heute für Dich das Schönste, Olli?“ Und der Olli antwortet: „Zum Glück hatte der Wetterbericht heute nicht recht." Öffentlich-rechtliches Arthaus-TV der Weltspitze!