"Die Deutschen müssen uns helfen"

Bastian Schweinsteiger tröstet Ex-Kollege Mark van Bommel – und Hollands Fans bleibt nur, auf den Erzrivalen zu hoffen
Hartmut Scherzer |
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CHARKIW Bastian Schweinsteiger lief auf dem Weg in die Kabine Mark van Bommel in die Arme. Eng umschlungen tauschten die beiden einstigen Weggefährten , die als Mittelfeld-Tandem beim FC Bayern zweimal das Double gewonnen hatten, Glückwunsch und Trostworte.

Der 35-jährige Kapitän der Holländer, der zur Halbzeit von seinem Schwiegervater Bert van Marwijk ausgewechselt worden war, ließ in der „Mixed Zone” vor den holländischen Journalisten „eine deutsche Frage” zu – prompt kam jene zu eben dieser rührseligen Szene. Die Antwort: „Wir haben einen sehr guten Kontakt zueinander. Wir unterstützen uns immer noch, so wie wir uns auf dem Platz überragend verstanden haben – wie sagt man das gut auf Deutsch: Mit den Augen zu? Bastian hat mir SMS geschrieben und ich ihm – nach Enttäuschungen. Er kapiert ganz genau, was in einem Spieler vorgeht, der verliert.”

Und wer tröstete Arjen Robben? Neuer, Lahm, Boateng, Badstuber, Müller, Gomez, Kroos, Schweinsteiger? Fehlanzeige! Er war tatsächlich der doppelte Verlierer: Nicht nur mit den Niederlanden. Sein Ego erlitt eine seiner schlimmsten Demütigungen. Sein Abgang war der eines zutiefst beleidigten Stars.

Der Bondscoach holte ihn in der 83. Minute für Dirk Kuyt vom Platz, als es galt, aus dem 1:2 noch ein 2:2 zu machen. „Alles oder nichts”, wie Marwijk sagte. Und das ohne Robben. Der riss sich frustriert das Trikot vom Leib, zerknüllte es in der linken Hand, hob kurz die rechte, verließ mit seinen hastigen Trippelschritten den Platz und würdigte den Trainer keines Blickes. Van Marwijk hatte ihm die Möglichkeit genommen, eventuell zum Retter Oranjes zu werden. „Von Robben kam nichts", rechtfertige sich van Marwijk später, was jeder ebenso gesehen hatte. Die Bayern, allen voran sein Gegenspieler Philipp Lahm, kennen eben alle Tricks des Holland- Bayern. Robben ausgenommen, war van Marwijk mit dem Spiel nach vorne durchaus zufrieden, rügte vielmehr die Abwehr: „Wenn man verliert, hat man normalerweise zu wenig für die Offensive getan. Das war nicht der Fall. Wir waren defensiv nicht gut genug.”

Robben übrigens verabschiedete sich in Charkiw still und unauffällig: Mit seinem Smartphone beschäftigt, eilte der in dieser heißen Nacht völlig unspektakuläre Spektakelspieler durch das Labyrinth der Mixed Zone an den deutschen Reportern vorbei. Es sei nicht angenehm, von anderen abhängig zu sein, hatte er seinen Landsleuten mitgeteilt.

Der Vizeweltmeister, fast noch in gleicher Besetzung, aber von der Klasse der WM 2010 weit entfernt, ist auf deutsche Hilfe angewiesen. „Oranje” klammert sich an diesen Strohhalm, trotz der beiden Niederlagen (0:1 gegen Dänemark, 1:2 gegen Deutschland) in der Gruppe B doch noch das Viertelfinale zu erreichen. Die Spottgesänge der deutschen Fans im Stadion und die Nacht über im Flughafen-Terminal („Schade Holland, alles ist vorbei”), stimmen mit der Rechnung nicht überein. Einen eigenen Sieg mit zwei Toren Differenz am Sonntag gegen Portugal vorausgesetzt, setzt Holland darauf, dass der Gruppenerste Deutschland gegen Dänemark gewinnt.

Die Gegner von gestern sind somit die Verbündeten von morgen - aus holländischer Sicht. „Ich glaube daran, dass wir es schaffen, mehrere Tore gegen Portugal zu schießen", sagte der Ex-HSV-Profi Joris Mathijsen auf Deutsch den Deutschen, „aber die Deutschen müssen uns helfen." So weit ist es gekommen. 

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