Die Bundesliga-Revolution

Fußball wird zerstückelt – und das Topspiel findet künftig samstags um 18.30 Uhr statt
Deutschlands Fußball-Fans (und ihre Familien) müssen sich auf eine neue Anstoßzeit einstellen. Samstag, 18.30 Uhr, wird ab Sommer 2009 der künftige Fixtermin für das Topspiel der Fußball-Bundesliga sein.
Und das hat mindestens zwei brisante Folgen: Erstens bedeutet die neue Anstoßzeit einen massiven Eingriff in die Familienplanungen am Samstagabend (das Top-Spiel dauert bis 20.20 Uhr, heißt: Bis man als Bayern-Fan aus der Allianz Arena raus und wieder daheim ist, kann es locker 22 Uhr werden). Und zweitens steht die Live-Übertragung, womöglich nur im Bezahl-Fernsehen zu sehen, in direkter Konkurrenz zur „Sportschau“, also der Zusammenfassung der Samstagspiele im frei empfangbaren Fernsehen.
Der Sender darf das Schlagerspiel selbst bestimmen
Ein gewagter Poker, den die Deutsche Fußball-Liga angeblich im Sinne der Fans aufführt: „Die Vereine benötigen die Einnahmen, um eine attraktive Liga mit großen Stars zu finanzieren, aber auch, um den Fans weiter günstige Ticketpreise und die modernsten Stadien der Welt bieten zu können“, sagt Liga-Präsident Reinhard Rauball. Im Moment erzielt die DFL jährlich 409 Millionen Euro an TV-Einnahmen. „Ich erwarte, dass wir diese Zahlen wieder erreichen“, sagte DFL-Geschäftsführer Christian Seifert, bezeichnete die 500-Millionen-Grenze aber als „wohl zu ambitioniert“. Zum Vergleich: In Frankreich fließen zum Beispiel rund 600 Millionen Euro.
Welcher der registrierten 39 Bieter Anfang 2009 auch den Zuschlag bekommt – dieser Sender darf die Schlagerbegegnung selbst bestimmen. Die Einschränkung: Eine Mannschaft darf nur sechsmal und mit maximal drei Heimspielen beteiligt sein. Damit soll verhindert werden, dass diese Begegnungen in überwältigender Zahl der FC Bayern bestreitet. Favorit für das Top-Spiel ist der Bezahlsender „Premiere“, der Konkurrenz vom Disney-Ableger ESPN bekommen könnte.
Der weitere Rahmen des Regelspieltags: eine Partie am Freitagabend (20.30 Uhr), nur noch fünf am Samstagnachmittag (15.30 Uhr). Am Sonntag wird künftig um 15.30 und um 17.30 Uhr gespielt. Dies wiederum ist ein Schlag gegen die Amateurvereine, in den Staffeln des Bayerischen Fußballverbands beispielsweise werden die meisten Spiele sonntags ausgetragen.
Gewöhnungsbedürftig sieht es auch im Unterbau aus: Die 2. Liga spielt künftig dreimal freitags (18 Uhr), zweimal samstags (13 Uhr), dreimal sonntags (13.30 Uhr) und einmal montags (20.15 Uhr).
Spannungen zwischen Liga-Oberen und Öffentlich-Rechtlichen Anstalten
Spannend wird das Wettbieten um die vom Kartellamt verlangte Ausstrahlung der Zusammenfassung der Samstagsspiele, die zwischen 18.30 und 20 Uhr gesendet werden soll, also parallel zum Top-Spiel. Die ARD, die bislang 97 Millionen Euro zahlt, gilt als erster Anwärter, doch die Liga-Oberen würden liebend gerne einem Konkurrenten den Zuschlag erteilen, weil ihnen zuletzt die Verbrüderung zwischen öffentlich-rechtlichen Anstalten und Wettbewerbsbehörde ein Gräuel war.
Wer aber kann der Sportschau Konkurrenz machen? Wohl nur Sat.1. Der Privatsender hat sich bereits ab 2009 die Rechte an der Champions League und dem Uefa-Cup gesichert und könnte wieder zur bedeutendsten Free-TV-Abspielform aufsteigen. Die ARD hält nur halbherzig dagegen: „Wir sind sehr konkret daran interessiert, die Sportschau mit der Bundesliga bei uns zu behalten", sagt der ARD-Vorsitzende Fritz Raff. „Aber wenn da die großen Player kommen, dann gibt es für den gebührenfinanzierten Rundfunk auch Grenzen“.
F. Hellmann, G. Jans