DFB-Team: Jens Lehmann über Manuel Neuer und Konkurrenzkampf
Der 47 Jahre alte Jens Lehmann absolvierte 61 Länderspiele für die deutsche Nationalelf. Aktuell begleitet er das DFB-Team als TV-Experte für RTL. Die AZ hat ihn zum Interview getroffen.
AZ: Herr Lehmann, am Samstag trifft die deutsche Nationalelf im WM-Qualifikationsspiel auf den krassen Außenseiter San Marino. Wie motiviert man sich als Torhüter für eine Partie, bei der man nur Zuschauer ist und wohl kaum einen Ball aufs Tor bekommen wird?
JENS LEHMANN: Zumindest weiß man, dass man wohl zu null spielen wird. Die Herausforderung ist es dann, dies auch zu tun. Obwohl diese Partie gegen San Marino einem Freundschaftsspiel schon recht nahe kommt. Man muss auch als Torwart so ein Spiel angehen als wäre es ein Bundesliga- oder Europapokalspiel. Wenn man die Partie nur halbherzig angeht, besteht die Gefahr, sich zu verletzen. Und dann macht man sich später Vorwürfe.
Was haben Sie als Aktiver gemacht, wenn Sie in so einer Situation waren?
Für mich lautete stets die Devise: Ich ziehe mein Aufwärmprogramm vor Anpfiff durch, das ist dann meine tägliche Trainingseinheit. Immer im Wissen, dass ich danach wohl nicht mehr viel zu tun haben würde.
Wie sehen Sie den Confed-Cup diesen Sommer in Russland?
Als amtierender Weltmeister hat man die Pflicht, dort anzutreten. Die hat man zu erfüllen, auch wenn vielleicht manche Spieler nicht ganz so motiviert sind. Für jüngere Spieler, die selten oder gar nicht in der Nationalelf zum Einsatz kommen, ist es eine Möglichkeit, sich zu präsentieren und zu zeigen, dass sie mithalten können.
Beim 1:1 in Dänemark hat Torhüter Kevin Trapp eine gute Leistung bei seiner Länderspielpremiere gezeigt. Wie beurteilen Sie den Konkurrenzkampf mit Marc-André ter Stegen und Bernd Leno in Abwesenheit von Manuel Neuer?
Alle drei können über zwei Wochen gut trainieren und sich in den Wettbewerb stürzen, wer künftig hinter Neuer die Nummer zwei sein wird. Für denjenigen, der beim Confed-Cup spielt, ist es okay. Ich fände es gut, wenn alle drei Torhüter in Russland zum Einsatz kommen. Denn für denjenigen, der dann zu so einem Turnier mitfährt und nicht spielt, wäre es das Härteste.
Wie sehen Sie die Hierarchie der drei Neuer-Herausforderer?
Ich erkenne keine großen Unterschiede. Alle machen ein paar Dinge sehr gut, bei anderen Dingen ist noch Luft nach oben. Sie sind mit Mitte 20 in einem Torwart-Alter, in dem man sich fragen sollte: Habe ich noch mehr Potenzial? Sollte oder muss ich anders trainieren?
Kann einer aus dem Trio in den nächsten Jahren Manuel Neuer verdrängen?
Nein, das glaube ich nicht. Da müsste schon jemand ganz anderes kommen. Ich denke, dass er in den nächsten Jahren noch einige Turniere als Nummer eins spielen wird. Vor allem hoffe ich, dass Manuel nach seinem Fußbruch wieder schnell auf die Beine kommt, weil ich ihn sehr gerne spielen sehe. Wie unangenehm diese Verletzung ist, weiß ich nicht. So eine hatte ich nicht in meiner Karriere.
Sehen Sie neue Torwart-Talente in Deutschland, die Ihnen aufgefallen sind?
Nein. Keine. Die Position des Torhüters ist hierzulande noch nie so wenig intensiv ausgebildet worden. Wir haben in der Bundesliga um die sieben ausländischen Stammtorhüter – das hat es meiner Meinung nach noch nie gegeben. Dagegen sind vier Schweizer Keeper die Nummer eins. Irgendetwas müssen die in Sachen Ausbildung wohl anders machen.