DFB sagt Länderspiel ab, Bierhoff weint
Der DFB trauert um Nationaltorwart Robert Enke. Manager Bierhoff weint, Präsident Zwanziger sagt das Testspiel gegen Chile ab – und Bundestrainer Löw sagt: „Wir haben einen Freund verloren.“
BONN Lange Minuten hatte Oliver Bierhoff sich zusammennehmen können, doch dann brach es aus ihm heraus. Der Teammanager der Nationalelf stockte, schluchzte, wurde von einem Weinkrampf geschüttelt. Die Erinnerung an seine schwersten Momente als DFB-Verantwortlicher hatten ihn übermannt.
„Bei uns herrscht Fassungslosigkeit, Sprachlosigkeit und Ratlosigkeit. Ich musste gestern der Mannschaft beim Abendessen die schreckliche Nachricht überbringen“, sagte Bierhoff auf der DFB-Pressekonferenz am Mittwochnachmittag in Bonn. Dann stockte seine Stimme. Von seinen Gefühlen überwältigt weinte Bierhoff um den toten Robert Enke und sagte: „So wie ich hier fühle, fühlen auch die Spieler.“ DFB-Präsident Theo Zwanziger legte seine Hand auf Bierhoffs Arm, die Journalisten im Raum blickten zu Boden.
Kurz zuvor hatte Zwanziger sein Mitgefühl „für seine liebe Frau“ ausgedrückt und Enke als „tollen, jungen Mann“ gewürdigt. Danach gab er die einzig sinnvolle Entscheidung bekannt: Das für Samstag in Köln vorgesehene Testländerspiel gegen Chile wurde abgesagt. „Ich bitte alle um Verständnis und weiß auch, dass wir damit vielen Leuten weh tun. Doch alles, was mit der Absage eines Spiels zu tun hat, ist lösbar. Aber diese Entscheidung ist mit Blick auf das, was passiert ist, alternativlos.“
Der chilenische Verband, seit Montag mit dem kompletten Tross bereits in Leverkusen, wurde bereits informiert und akzeptierte die Entscheidung. Zwanziger weiter: „Wir müssen auch einmal innehalten können und nicht einfach immer weitermachen – als eine große Geste.“
Die Entscheidung fiel im Bonner Mannschaftshotel „Kameha Grand“. Zunächst wurden das Vormittagstraining und sämtliche Interview-Termine der Spieler abgesagt. Am Mittwochvormittag hatte sich Zwanziger mit Bierhoff, DFB-Generalsekretär Wolfgang Niersbach, dem Trainerstab um Joachim Löw und dem Spielerrat zusammengesetzt. „Ich bin stolz auf den Inhalt und die Ernsthaftigkeit dieser Besprechung“, berichtete Zwanziger, „ich habe Spieler erlebt, die ehrliche Trauer zeigen. Sie machen deutlich, dass man zum Trauern Zeit braucht.“ Somit war ein Freundschaftsspiel zur Karnevalszeit in Köln, bei dem den Fans im Stadion und am Fernsehen Spaß und Freude vermittelt werden sollte, angesichts des Freitods von Robert Enke nicht mehr in Erwägung zu ziehen. Kurzfristig war auch erwägt worden, die Partie als eine Art Abschiedsspiel für Enke auszutragen, „aber das käme zu früh“, sagte Bierhoff. „Ich bin fassungslos. Mir fehlen die Worte“, erklärte DFB-Kapitän Michael Ballack in „Bild“.
Die Nationalspieler reisten noch am Nachmittag aus dem Teamquartier in Bonn ab. Sie werden am Sonntag an einer Trauerfeier für ihre toten Kollegen teilnehmen und sich in den darauffolgenden Tagen in Düsseldorf auf das nächste Testländerspiel am kommenden Mittwoch in Gelsenkirchen gegen die Elfenbeinküste vorbereiten.
„Es fällt mir schwer, die Gefühle zu beschreiben. Ich bin völlig schockiert, völlig leer“, ließ Bundestrainer Joachim Löw via die Verbandshomepage „dfb.de“ ausrichten. Löw weiter: „Mein ganzes Mitgefühl gilt seiner Frau und seiner Familie. Robert war nicht nur ein herausragender Spieler, sondern auch ein toller Mensch. Wir haben wunderbare Gespräche geführt. Er konnte zuhören und ist anderen mit unglaublichem Respekt begegnet. Fairness war für ihn immer ein wichtiger Lebensinhalt. Sein Tod ist ein immenser Verlust. Er wird uns fehlen, als erstklassiger Sportler und als außergewöhnlicher Mensch."
Dass der DFB das Länderspiel gegen Chile in Köln abgesagt hat, ist für Löw „völlig richtig“. Der Bundestrainer: „Wir haben einen Freund verloren. Das ist ein Moment, bei dem man auch im Fußball innehalten muss. Wir trauern tief um Robert Enke.“ ps