DFB-Koch Schmaus: "Ich würde an Weihnachten nicht zur Sünde raten"

Az-Interview mit Anton Schmaus Der Sternekoch (39) aus Regensburg ist seit 2017 auch Chefkoch der deutschen Nationalmannschaft.
AZ: Herr Schmaus, Sie sind seit 2017 Chefkoch der deutschen Fußball-Nationalmannschaft. Dürfen die DFB-Stars an den Weihnachtstagen eigentlich auch mal so richtig sündigen mit Gans oder ähnlichen Speisen?
ANTON SCHMAUS: Sündigen ist nicht unbedingt der richtige Weg. Das liegt daran, dass die Regenerationszeiten in diesem Corona-Jahr extrem kurz sind, die Winterpause ist ja auch deutlich kürzer als in den vergangenen Jahren. Da muss jeder Spieler auf seinen Körper aufpassen. Ich würde nicht zur Sünde raten und von der Weihnachtsgans absehen.
Ein Gläschen Wein an Heiligabend ist aber erlaubt, oder?
Das muss jeder Spieler selbst entscheiden. Wenn es bei einem Glas 0,1 Liter bleibt, ist es mit Sicherheit in Ordnung. Das haut jetzt keinen um. Aber trotz allem gilt auch hier: Die Regeneration ist das Wichtigste, das wissen die Jungs auch selbst. Die paar freien Tage müssen gut genutzt werden. Das Jahr 2021 wird noch anstrengender als dieses Jahr.

"Für die Spieler darf es auch mal ein Hühnerschnitzel sein"
Gibt es bei den Nationalspielern besondere kulinarische Wünsche, etwa nach einem Spiel, um sich für einen Sieg zu belohnen?
Ja, die gibt es schon. Direkt nach der Belastung ist es natürlich wichtig, dass man die Spieler sofort wieder versorgt. Es gibt aber auch mal was Süßes oder ein anderes Gericht, das man jetzt unter der Woche nicht servieren würde. Es darf dann schon mal ein Hühnerschnitzel sein.
Hat sich im Laufe der Jahre das Bewusstsein für gesunde Ernährung bei den Nationalspielern geändert?
Absolut. Was in den vergangenen vier Jahren passiert ist, seitdem ich dabei bin, ist enorm. Heute merkt man bei allen Spielern, dass das Thema gesunde Ernährung für sie ein sehr wichtiges ist.
Was servieren Sie denn vor einem Länderspiel?
Das ist alles sehr ritualisiert. Die Bolognese-Soße ist immer ein Klassiker und gerne gesehen, ebenso Milchreis und Grießbrei. Das sind die Standards, die mein Vorgänger und mein Vorvorgänger schon serviert haben. Da ist auch viel Aberglaube dabei, die Spieler setzen auf eine sichere Bank beim Essen.
"In den 90 Minuten nach der Belastung müssen die Spieler dem Körper wieder Energie zuführen"
Wie wichtig ist es, dass die Spieler nach einer Partie noch etwas essen?
Es gibt dieses Zeitfenster von 90 Minuten nach der Belastung, in dem die Spieler schauen müssen, dass sie dem Körper wieder Energie zuführen. Sei es über Proteine, über Kohlenhydrate, über Pasta. Dadurch sinkt die Verletzungsanfälligkeit und die Regeneration springt an. Das ist ein essenzieller Teil.
Nach dem 0:6-Debakel in Spanien gab es ja sicher auch noch ein gemeinsames Essen, aber bei sicherlich gedämpfter Stimmung. Was servieren Sie denn vor einem Länderspiel?
Die Stimmung war natürlich gedrückt, alle waren enttäuscht und sauer. Ein Festbankett sieht anders aus.

War das für Sie persönlich die schlimmste Reise in Ihrer DFB-Zeit?
Ich bin Fan und gleichzeitig Teil des Teams, deshalb war ich genauso enttäuscht und habe mitgelitten. Schlimme Reisen gibt es in dem Sinne aber nicht, nur das Spiel war schlecht. Ich blicke trotzdem sehr optimistisch auf die Europameisterschaft im nächsten Jahr. Für unsere Mannschaft ist alles möglich.
Wie haben Sie Bundestrainer Joachim Löw zuletzt denn erlebt? Beim DFB gab es intern immer wieder Unstimmigkeiten.
Joachim Löw ist ein unheimlich interessierter Mensch, er bringt jedem in unserem Team Wertschätzung entgegen. Ich fühle mich bei der Nationalmannschaft extrem gut aufgehoben.
"Süle geht superprofessionell mit dem Thema Ernährung um"
Über Niklas Süle gab es Gerüchte, er habe mit dem Gewicht und damit verbunden auch mit der Ernährung Probleme. Was sagen Sie dazu?
Probleme gibt es bei Niklas Süle ganz sicher keine. Er ist einer der weltbesten Innenverteidiger. Wenn man sich ansieht, welche Entwicklung er seit seinem Wechsel von Hoffenheim zum FC Bayern genommen hat, muss man sagen, dass er ein absoluter Spitzenprofi ist. Die Aussage, die er vor einiger Zeit mal getätigt hat über seine Ernährung, hängt ihm ein bisschen nach und wird immer wieder aufgewärmt. Ich kann die Gerüchte aber in keiner Weise bestätigen. Er geht superprofessionell mit dem Thema Ernährung um.

Sie sind nicht nur als DFB-Koch beschäftigt, sondern auch mehrfach ausgezeichneter Restaurant-Besitzer, in Regensburg führen Sie zum Beispiel das "Storstad". Wie schlimm war das Corona-Jahr aus Sicht des Gastronomen?
Natürlich war und ist es eine schwierige Zeit. Jeder würde seiner Arbeit gern wie gewohnt nachgehen. Aber wir müssen es so nehmen, wie es jetzt eben ist. Ich versuche, die Zeit mit so viel Optimismus wie möglich durchzuziehen. Es gab auch positive Dinge, ich hatte zum Beispiel mehr Zeit für meine Familie und musste mich mal wieder aus meiner Komfortzone bewegen.
Können Sie die Maßnahmen der Politik, die Gastronomie wieder zu schließen, obwohl vielerorts teure Umbauten stattgefunden haben und die Hygienekonzepte stimmen, nachvollziehen?
Es geht ja nicht nur um Hygienekonzepte, sondern generell darum, das öffentliche Leben herunterzufahren. Ich stehe hinter diesen Entscheidungen. Wir werden ja auch unterstützt vom Staat. Gleichzeitig kann ich den Frust von anderen Gastronomen verstehen.
Zum Abschluss noch: Stehen Sie an Heiligabend selbst in der Küche oder lassen Sie sich mal verwöhnen?
An Heiligabend koche ich. Es gibt Sauerbraten vom Elch. An den anderen Tagen übernimmt meine Frau.