DFB-Frauen wollen den "letzten Schritt" gehen
Die deutschen Fußballerinnen greifen am Sonntag im Finale gegen Norwegen zum achten Mal nach dem EM-Titel. Nach der historischen Niederlage in der Vorrunde gegen den zweimaligen Europameister ist die DFB-Auswahl gewarnt.
Solna/Schweden - Bundeskanzlerin Angela Merkel drückt ganz fest die Daumen, "Glücksbringer" Wolfgang Niersbach fliegt extra ein, Millionen Fans fiebern mit, und Tausende warten sehnsüchtig auf die Siegesfeier in Frankfurt: Diesen Rückenwind möchten die deutschen Fußballerinnen nutzen, um den sechsten EM-Triumph in Folge und den achten insgesamt perfekt zu machen. "Jetzt wollen wir noch diesen letzten Schritt gehen und den Titel holen, damit es auch wirklich was zu feiern gibt", sagte Teammanagerin Doris Fitschen vor dem Endspiel am Sonntag in Solna gegen Norwegen (16.00 Uhr/ARD und Eurosport).
Feiern möchten auch die Spielerinnen. "Es ist gigantisch, im Finale zu sein. Aber es geht darum, dieses Finale zu gewinnen", sagte Nadine Keßler dem SID. Für Leonie Maier würde bei einem Finalsieg "der Traum eines kleinen Mädchens" wahr werden.
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Die Deutschen wissen aber, dass das Finale kein Selbstläufer wird. Schließlich kassierte die Auswahl des Deutschen Fußball-Bundes (DFB), die ohne sechs verletzte oder kranke Stammkräfte bei der Endrunde auskommen muss, zum Abschluss der Vorrunde vor zehn Tagen eine historische Niederlage gegen den Weltmeister von 1995.
Die Bundestrainerin hat das 0:1 gegen den zweimaligen Europameister und Olympiasieger von 2000 jedenfalls noch nicht vergessen. "Dass Norwegen ein guter Gegner ist, haben wir ja schon in der Gruppenphase gesehen. Sie sind robust, klar strukturiert und erzwingen immer wieder Torchancen. So können sie immer wieder gefährlich werden", sagte Silvia Neid, die durch den Finaleinzug wieder fest im Sattel sitzt: "Aber wir wollen am Ende erfolgreich sein." Vor dem Endspiel sprechen einige Faktoren für die Mannschaft Neids, die ihr Team aufgrund der personellen Probleme stark verjüngen musste (23,5 Jahre im Schnitt). Die Norwegerinnen mussten im Halbfinale gegen Dänemark in die Verlängerung und ins Elfmeterschießen.
Für die Skandinavierinnen kommt erschwerend hinzu, dass sie einen Tag weniger Pause vor dem Finale haben. Die Deutschen dagegen konnten sich im Turnierverlauf steigern und können beim Blick auf die EM-Historie zusätzliche Kraft tanken. Der zweimalige Weltmeister ging nach allen bisherigen sieben Final-Teilnahmen als Sieger vom Platz – dreimal hieß der geschlagene Endspielgegner Norwegen (1989, 1991, 2005).
Die empfindlichen Pleiten gegen die Skandinavierinnen (0:1 im Halbfinale der Olympischen Spiele 2000 und 0:2 im WM-Finale 1995) setzte es nicht bei einer EM-Endrunde. Neid, die bei der Niederlage im WM-Finale vor 18 Jahren auf dem Platz stand, interessiert die Vergangenheit allerdings nicht. Die 49-Jährige, in deren Kader nur noch neun Europameisterinnen von 2009 und zehn Teilnehmerinnen der WM 2011 stehen, blickt bereits in die Zukunft. Für die Trainerin wäre ein Final-Erfolg wichtig für die weitere Entwicklung ihrer Schützlinge. "Das sind alles tolle junge Menschen sind. Sie haben Ziele, sie sind intelligent und können Fußball spielen. Das ist eine Mannschaft mit großer Perspektive", sagte Neid, die um den Einsatz von Torjägerin Celia Okoyino da Mbabi (Oberschenkel-Zerrung) bangen muss.
Falls es tatsächlich zum Titelgewinn reicht, muss DFB-Präsident Niersbach die Schatulle öffnen. Den Spielerinnen, die jeweils 15.000 Euro sicher haben, winkt die EM-Rekordprämie in Höhe von 22.500 Euro. Schon in Schweden wird der Verbandsboss von den Spielerinnen, die am Montag um 13.45 in Frankfurt/Main erwartet werden, zur Kasse gebeten. Schließlich ist die Party im Teamhotel obligatorisch – zum Feiern oder zur Frustbewältigung. Bundeskanzlerin Angela Merkel "drückt die Daumen", damit eine Trophäe bei der Feier im Mittelpunkt steht. In Frankfurt ist die Party vom Final-Ausgang abhängig: Bei einem Sieg wird mit den Fans auf dem Römer gefeiert, bei einer Niederlage steht nur ein Empfang am Flughafen an.
Die voraussichtliche deutsche Aufstellung: Angerer – Maier, Krahn, Bartusiak, Cramer – Keßler, Goeßling – Lotzen, Marozsan, Laudehr – Mittag