DFB-Elf vor Schweden-Spiel: Thomas Müller zur Mexiko-Pleite

Thomas Müller sorgt im sonnigen Sotschi für gute Laune – und richtet einen Appell an die Fans daheim: "Gemeinsam nach vorne blicken"
von  Patrick Strasser
Immer positiv, immer mit einem Lächeln: Thomas Müller am Mittwoch bei der Pressekonferenz in Sotschi
Immer positiv, immer mit einem Lächeln: Thomas Müller am Mittwoch bei der Pressekonferenz in Sotschi © dpa

Sotschi -  Natürlich haben sie sich etwas dabei gedacht, die Verantwortlichen des DFB. Weil sie sich einen Effekt erhofft haben von der Aufstellung für Tag eins am Schwarzen Meer, der Operation Luft- und Laune-Veränderung.

Nicht im Training, nicht mit Blick auf das für Teammanager Oliver Bierhoff  "erste K.-o.-Spiel gegen Schweden" am Samstag. Nein, es ging um die Nominierung für die erste Pressekonferenz in den Tagen von Sotschi. Am Dienstag vor der Abreise aus Moskau hatte Kapitän Manuel Neuer recht sachlich von der Mannschaftssitzung im Anschluss an das 0:1 gegen Mexiko berichtet, dies jedoch im nüchternen Ton eines Krisenmanagers, der die Dinge lieber intern abwickelt.
Echte Aufbruchstimmung schwappte aus dem fernen Russland nicht zu den Fans in die Heimat herüber.

Deshalb ist Thomas Müller jetzt besonders wichtig

Also wurde Thomas Müller nominiert, erstmals übrigens seit Beginn der Vorbereitung in Südtirol. Er, der Vielsprecher beim FC Bayern und in der Nationalelf, der jedoch in den vergangenen Jahren durch seine Leistungen und Tore auch zum Lautsprecher geworden ist – nach innen und außen.
Einen, den das verunsicherte DFB-Team dieser Tage dringend braucht, schließlich ist es auch das erste Turnier seit ewigen Zeiten ohne Spaßvogel Lukas Podolski, dessen gute Laune innerhalb der Gruppe ansteckende bis mitreißende Wirkung entfaltete.

Der 28-jährige Müller nahm auf dem Podium Platz als Bierhoff noch sprach, feixte mit ihm und lachte frohen Mutes in die Gesichter der Journalisten noch bevor die erste kritische Frage – ähnlich wie ein Gegenangriff der Mexikaner vergangenen Sonntag – angeflogen kam. Das ist Müller. Immer positiv. Immer mit einem Lächeln, das den Gegenüber schon partiell entwaffnet.

Müller kritisiert die Aufarbeitung der Mexiko-Pleite

Als erstes sprach er über die mediale Aufarbeitung des 0:1 gegen Mexiko und räumte ein: "Wir haben uns natürlich angreifbar gemacht, sind aber selbstkritisch genug." Doch der negative Ton in der Berichterstattung war ihm zu krass. "Fußball-Deutschland ist besorgt, aber es ist selten so, dass ich das Gefühl hatte, man wird als Mannschaft gepusht, unterstützt."
Dieses Mal wohl besonders. Bei den meisten Fans kommt solch ein Wink in Richtung Medien gut an. Als Müller dann von "wir" sprach, meinte er die Nationalelf: "Wir müssen jetzt gemeinsam nach vorne blicken. Wir haben zwei dicke Aufgaben zu erledigen."

Müller: "Ich versuche, überall meine Ohren zu spitzen"

Zum Thema Grüppchenbildung und ersten Rissen im Mannschaftsgefüge, von dem berichtet worden war, stellte er klar: "Wir werden die beiden Spiele nicht gewinnen, wenn wir uns selbst zerfleischen und auffressen sowie die Fehler bei dem anderen suchen." Müller appellierte an den Teamgeist: "Wichtig wird sein, dass wir gemeinsam nach vorne blicken." Ob auf dem Rasen oder beim Essen.

Dass die Spieler dieses Mal anders als bei früheren Turnieren andere Sitznachbarn bekommen – ein Rotationsprinzip für mehr Kommunikation –, findet Müller nicht dramatisch. "Wir haben mehrere Tische beim Essen, nicht eine große Tafel", erklärte er, "natürlich sitzen da Spieler nebeneinander, die sich auch privat gut verstehen. Aber ich bin auch dort variabel einsetzbar."
Er grinste, die Reporter lachen. Etwas Druck entweicht dem Kessel. Müller lässig weiter: "Ich versuche überall meine Ohren zu spitzen. Diese Grüppchenbildung, die wir 2012 sicher etwas hatten, davon ist nichts zu spüren."

Thomas Müller über den goldenen Kelch

Auch sportlich hat Müller Lösungen parat, ohne die kein Politiker Stimmung für sich und seine Partei macht. Man müsse "in gewissen Situationen schnell nach vorne spielen, aber wenn man zu überhastet spielt, zu ungeduldig ist, kann das auch nach hinten losgehen", referierte der Weltmeister ausführlich und erinnerte an die Fehler des Mexiko-Spiels.

Diese Mischung aus rasantem und kontrolliertem Offensivspiel sei "der goldene Kelch oder irgendein anderes Synonym". Müller Freude sich über den neu erschaffenen Begriff und witzelte: "Ich habe noch keine Trainingsübung gesehen, die Leichtigkeit trainiert."

Druck? Kennt er, kompensiert er. Wenn einer neben dem physischen Umzug aus der russischen Metropole ins palmenreiche Urlaubsresort Sotschi auch noch den zwischenmenschlichen Klimawechsel in der deutschen Nationalmannschaft hinbekommt, dann er: der Bundesoptimismusminister.

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