Deutschland vor der WM: Bereit wie nie?
Trifft der Werbeslogan der Nationalelf tatsächlich zu? Bierhoff sagt: "Wir sind überzeugt, dass diese Gruppe die Fähigkeit hat, Weltmeister zu werden". Müller macht einen auf Balotelli.
St. Martin - Auf einmal packte es Thomas Müller. Für einen kurzen Moment während des ersten Trainings in Südtirol entdeckte er den Balotelli in sich: Mit nacktem Oberkörper stand er da, Brust raus, grimmiger Blick, die Armmuskeln angespannt – so wie Mario Balotelli, der Italiener, im EM-Halbfinale 2012 sein vorentscheidendes Tor gegen Deutschland zelebriert hatte.
Seit Donnerstag heißt es für die DFB-Stars: Muckis zeigen! Schwitzen im Passeiertal, fit werden für Brasilien. Joachim Löws handverlesene WM-Kandidaten machen sich im südtiroler Trainingslager WM-reif. „Wir werden hart und gut arbeiten“, verspricht Teammanager Oliver Bierhoff: „Wir sind überzeugt, dass diese Gruppe die Fähigkeit hat, Weltmeister zu werden.“
Die zugehörige Marken-Kampagne trägt den Titel: Bereit wie nie. Aber sind sie das wirklich? Die Personalsituation ist gelinde gesagt angespannt, erst am Freitag sollen Keeper Manuel Neuer und Philipp Lahm zum Team stoßen, Bastian Schweinsteiger trainierte am ersten Trainingstag nur individuell.
Selten stand hinter so vielen Stammspielern ein Fragezeichen, war die WM-Startelf so unklar wie jetzt. 2012 kamen Spannungen zwischen den dominierden Blöcken aus BVB- und Bayern-Spielern hinzu. Diesmal auch? „Ich habe eine gewisse Anspannung gesehen, als Thomas Müller und Mats Hummels Billard gespielt haben“, scherzte Bierhoff. „Da fiel dann auch der ein oder andere Spruch.“
Ansonsten: keine Probleme. „Es gibt schon einen Konkurrenzgedanken, aber nicht so, dass es dem Teamgeist hinderlich wäre. Wir sehen da null Konfliktpotenzial.“ Und außerdem: „Wir sehen das gerne, wenn die Spieler Muskeln zeigen. Wenn sie zeigen: Ich bin Spieler von Bayern München oder Borussia Dortmund.“ Wie Müller.
Und dann wäre da noch das Stichwort „Turniermannschaft“. Die DFB-Elf hat stets bewiesen, dann bereit zu sein, wenn es darauf ankommt. „Wir waren immer stark, wenn wir mehrere Tage oder Wochen zusammen waren und uns auf die Gegner und uns richtig einstellen konnten“, sagt Miroslav Klose, mit 35 der Oldie.
Es ist Kloses vierte WM-Teilnahme, mehr hat nur Lothar Matthäus (1982-1998) und ein Mexikaner namens Antonio Carbajal (1950-1966). „Wir haben eine gute Mannschaft, wenn wir das Quäntchen Glück haben, was man bei einem Turnier braucht, dann können wir durchaus weit kommen“, sagt Klose, was schon viel ist, denn der Pfälzer ist prinzipiell keiner für hohle Kampfansagen.
Selbstbewusst sind sie. Verschworen wollen sie sich geben. Zum Auftakt der Trainingseinheiten hielt Bundestrainer Joachim Löw gestern eine kurze Ansprache auf dem Trainingsplatz in St. Martin. Er weiß, was er zu tun hat, wie man ein Team formt.
„Man darf keine Lieblinge haben“, sagte er der „Zeit“. Das Formen einer WM-Mannschaft müsse man sich „ein bisschen wie die Erziehung von Kindern vorstellen“. Wo man wieder bei Jungs wie Balotelli wäre. Die vor allem eins auszeichnet: der Glaube an sich selbst.