Deutschland gegen Spanien: Gebt 8!

Die deutsche Nationalmannschaft kann heute gegen Spanien zum achten Mal in ein WM-Finale einziehen. Schweinsteiger sagt: „Wir haben noch eine Rechnung offen!“
von  Abendzeitung
Die jungen wilden: Samstag haben sie die Chance wenigstens das kleine Finale zu gewinnen.
Die jungen wilden: Samstag haben sie die Chance wenigstens das kleine Finale zu gewinnen. © dpa

DURBAN - Die deutsche Nationalmannschaft kann heute gegen Spanien zum achten Mal in ein WM-Finale einziehen. Schweinsteiger sagt: „Wir haben noch eine Rechnung offen!“

Spanien, der Gegner heißt Spanien! Der aktuelle Europameister! Der deutsche Finalbezwinger von Wien 2008! Ob er denn nun Zweifel habe, dass seine junge Mannschaft auch diesen Gegner würde besiegen können, wurde Bundestrainer Joachim Löw gefragt. Löw antwortete mit einer Gegenfrage: „Habe ich bisher schon einmal gezweifelt? Nein. Also, warum sollte ich?“

Das ist Löw, das ist die DFB-Elf, das ist Selbstbewusstsein - auch wenn es im WM-Halbfinale am Mittwoch (20.30 Uhr, ARD und Sky) gegen „die beste Nationalelf der letzten zwei, drei Jahre“ geht. Doch Löw betonte: „Unsere Mannschaft ist weiter als 2008.“ Fünf Spiele, vier Siege, ein verschmerzbares 0:1 in der Gruppenphase gegen Serbien. Dafür England! Dieses irre 4:1! Und dann Argentinien, dieses unvergessliche 4:0!

Selten ist eine Nationalelf überzeugender und begeisternder in ein WM-Halbfinale eingezogen - nun gilt es, gegen Spanien den vorletzten Schritt zu machen. Es wäre nicht das achte Weltwunder, es wäre das achte Finale nach 1954, 1966, 1974, 1982, 1986, 1990 und 2002.

Sieben Hürden hat die DFB-Elf bis zu diesem Halbfinale aus dem Weg geräumt:

Die Skepsis: Vor Turnierbeginn am 13. Juni herrschten Nervosität, Zweifel im DFB-Lager. Mit schlechten Vorzeichen war man ins Turnier gegangen: Kapitän Ballack hatte sich verletzt; es folgten Westermann und Träsch; zuvor hatten der fest eingeplante Torhüter Adler und Rolfes absagen müssen. Coach Joachim Löw wurde vom DFB-Präsidium in Sachen Vertragsverlängerung hingehalten, ging auf Distanz zu den Bossen.

Das Machtvakuum: Wer sollte Ballacks Rolle als Alphatier übernehmen? Wie sollte sich eine neue Hierarchie bilden? Sind Lahm und Schweinsteiger als neue Bosse stark genug? Wie sich zeigt, sogar so stark, dass Neu-Capitano Lahm auf sein Amt nicht mehr verzichten möchte, den Konflikt mit dem Vorgänger sucht.

Die Unerfahrenheit: Der jüngste Kader seit 1934 - ob das gut ginge? Dreieinhalb Wochen später ist die Welt begeistert von den Wonderboys.

Die Nervenschwäche: Das Serbien-Spiel war ein Rückschlag und zeigte, wie stabil das riskante Konstrukt war. Doch ab dem pragmatischen, aber zielgerichteten 1:0 gegen Ghana zum Gruppenabschluss wirkte man wie befreit.

Die Distanz der Fans: Man traute der jungen Truppe nicht viel zu, aus all diesen Gründen - das Viertelfinale schien das Maximum der Erwartungen. Mittlerweile ist die Begeisterung größer als beim Sommermärchen 2006. In einem offenen Brief richtete sich die Mannschaft am Dienstag an die Fans in der Heimat und bedankte sich (siehe Kasten).

Die Vorurteile: Deutsche Panzer? Kraftmeierfußball? Alles widerlegt, alles passé. Die Klischees wurden mit Füßen getreten, aber mit feinsten Ballstafetten und Tricks.

Die Favoriten: Erst bekam England eine Abreibung, dann Argentinien - 8:1 insgesamt. „Wir betrachten Spanien nochmal als eine Klasse besser als England oder Argentinien. Aber wir wachsen auch mit stärkeren Gegnern“, sagte Teammanager Oliver Bierhoff. Vor dem Halbfinale meinte Bastian Schweinsteiger, zuständig für das positive Reizklima: „Ich freue mich auf Spanien, wir haben noch eine Rechnung offen.“

Ein Sieg wäre der acht Schritt, das achte WM-Finale. Also, Männer, gebt Acht!

Patrick Strasser

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