Deutschland gegen Israel: Mehr als nur ein Spiel
Israel! Holocaust! Die Grausamkeiten in der Ukraine haben die Erinnerung an das Grauen in der Vergangenheit aktuell in den Hintergrund gedrängt. Mit dem Leid des verbrecherischen Krieges in der Ukraine im Osten Europas wird die deutsche Nationalmannschaft vor dem Länderspiel gegen Israel am Samstag in Sinsheim konfrontiert.
Spendenaktionen. Solidaritätsbekundungen. Dennoch sei "das Erinnern an die gemeinsame Geschichte und das Mahnen für uns immer wichtig", betonte DFB-Direktor Oliver Bierhoff. So ein Spiel gegen Israel helfe, "die Beziehungen weiter zu pflegen und auf die Vergangenheit aufmerksam zu machen". Damit könne man zum Auftakt des WM-Jahres durchaus die Wahl Israels "mit dem Wunsch der Trainer nach einem etwas weniger starken Gegner verbinden".
Besuch der Nationalmannschaft der Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem
Vor 35 Jahren war das Gedenken an die Shoa, den systematischen Völkermord an sechs Millionen Juden, sogar das größere Ereignis als das erste Freundschaftsspiel in Tel Aviv. In der Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem in Jerusalem begegneten National- und Olympiamannschaft dem dargestellten Grauen. Ergriffen und erschüttert, bleich und stumm, trat jeder Nationalspieler, eine Kippa aus Pappe auf dem Kopf, beim Rundgang vor den dokumentierten Horror. Der neue Kapitän Klaus Allofs und sein Stellvertreter Lothar Matthäus legten am "Ewigen Feuer" den Kranz des Deutschen Fußball-Bundes nieder, Rudi Bommer und Alois Reinhardt für die Olympia-Spieler.
"Ich fühle tiefe Traurigkeit", antwortete Allofs einem israelischen Journalisten. "Es war mir, als würde ich den Kranz ans Grab von Verwandten legen." Matthäus fühlte sich "mulmig", als er über den steinernen Boden mit den eingemeißelten Namen der zehn größten Konzentrationslager ging. "Du bist unheimlich betroffen, und dir wird bewusst, dass man sich bei uns viel zu wenig Gedanken macht über diese schrecklichen Ereignisse."
DFB: "Israel hat immer noch einen besonderen Stellenwert"
Franz Beckenbauer, dem heute noch die Erinnerung an diesen Besuch "tief an die Nieren geht", sagte damals als Teamchef: "Es ist etwas anderes, wenn man am Ort mit den schrecklichen Dingen konfrontiert wird, als wenn man Dokumentarfilme im Fernsehen sieht. Es ist gut, dass sich die jungen Burschen hier damit auseinandersetzen müssen. Hier können sie nichts verdrängen." In Absprache mit dem Auswärtigen Amt und der Deutschen Botschaft hatte der DFB diese "sportpolitische Geste" (Präsident Hermann Neuberger) arrangiert. Und beim zweiten Freundschaftsspiel zehn Jahre später in Tel Aviv wiederholt.
"Israel hat immer noch einen besonderen Stellenwert", sagt aktuell DFB-Sprecher Jens Grittner. "Das ist uns sehr bewusst und wird auch immer so bleiben beim DFB." So sei zum ersten Training im Frankfurter Waldstadion eine Mannschaft von Makkabi eingeladen worden.
Erste Begegnung vor 35 Jahren
Diese erste Begegnung im März 1987 war höchst brisant und sehr sensibel. Staatspräsident Chaim Herzog war trotz Ankündigung nicht ins Stadion gekommen. Ehemalige KZ-Häftlinge hatten mit Transparenten gegen den ersten Staatsbesuch am 6. April in Bonn demonstriert.

Deutschland - ohne den verletzten Kapitän Klaus Allofs - siegte 2:0. Nebensache. "Das wichtigste Spiel fand nicht im Stadion statt, sondern in Yad Vashem", schrieb die Zeitung "Jediot Acharont".