Deutscher Fluch: Im zweiten Spiel klappt es fast nie

Dieses verflixte zweite Spiel: Die DFB-Elf versagt bei großen Turnieren nach der Auftaktpartie mit Regelmäßigkeit. Ein Rückblick.
von  Maximilian Koch
Erst wacklig, dann Weltmeister: Das DFB-Team müht sich im zweiten Spiel der WM 2014 zu einem 2:2 gegen Ghana um Asamoah Gyan (r.).
Erst wacklig, dann Weltmeister: Das DFB-Team müht sich im zweiten Spiel der WM 2014 zu einem 2:2 gegen Ghana um Asamoah Gyan (r.). © dpa

München - Es fing ja eigentlich schon 1954 an mit dem Fluch im zweiten Spiel. Bis heute ist es nicht vergessen, dieses 3:8 im WM-Vorrundenspiel gegen Ungarn, die höchste Niederlage einer deutschen Mannschaft überhaupt bei einem großen Turnier. Allein: Diese Pleite schadete dem Team von Sepp Herberger nicht. Sie rüttelte die deutsche Mannschaft erst so richtig wach, schärfte die Sinne. Und am Ende wurde Deutschland in Bern Weltmeister. Nach einem 3:2-Finalsieg – gegen ebenjene scheinbar übermächtige Ungarn.

Deutschland und das zweite Turnierspiel: Eine Erfolgsgeschichte ist daraus bis heute nicht geworden, ganz im Gegenteil. Zwar gab es zwischen der WM 1970 und 1990 sechs Siege in Folge, doch spätestens seit dem letzten EM-Triumph 1996 liest sich die Bilanz ähnlich schlecht wie damals 1954 gegen Ungarn: neun Spiele, vier Unentschieden, drei Niederlagen – und nur zwei Siege.
Vor der Partie gegen Polen, der (Vorsicht!) zweiten bei dieser EM, blickt die AZ auf diese neun Spiele seit 1996 zurück.

WM 1998, 2:2 gegen Jugoslawien: Die WM in Frankreich ging gut los für den Europameister. 2:0 zum Auftakt gegen die USA, alles lief nach Plan. Doch schon im zweiten Spiel klappte fast nichts mehr. Oliver Bierhoff rettete gegen Jugoslawien ein 2:2. Viel schlimmer: Rund um die Partie prügelten deutsche Hooligans den Polizisten Daniel Nivel ins Koma. Deutschland schied im Viertelfinale gegen Kroatien aus (0:3).

EM 2000, 0:1 gegen England: Die EM des Grauens, die EM des Erich Ribbeck. Unter dem erfolglosen Bundestrainer gab es eine der größten deutschen Blamagen. Das Aus in der Vorrunde – nach einem 1:1 gegen Rumänien, einem 0:3 gegen Portugal und der 0:1-Niederlage im zweiten Gruppenspiel gegen England.

WM 2002, 1:1 gegen Irland: Die WM in Japan und Südkorea startete mit einem Knall, das Team von Rudi Völler besiegte Saudi-Arabien 8:0. Im zweiten Spiel, beim 1:1 gegen Irland, glänzte dann aber nur noch Miroslav Klose, der nach seinem Dreierpack in der ersten Partie wieder traf. Deutschland wurde am Ende Vizeweltmeister.

EM 2004, 0:0 gegen Lettland: Der tiefste aller Tiefpunkte, Völlers Mannschaft versagte bei der EM in Portugal auf ganzer Linie. Einfach grauenhaft, dieses 0:0 gegen die Letten, Deutschland reiste ohne Sieg nach der Vorrunde nach Hause. Völlers Zeit als Bundestrainer war vorbei.

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WM 2006, 1:0 gegen Polen: Der Mutmacher für Löws Mannschaft an diesem Donnerstag: Man kann in einem zweiten Turnierspiel tatsächlich gewinnen. Das Sommermärchen wurde erst zu einem solchen, als Oliver Neuville gegen die Polen in der Nachspielzeit zum 1:0 traf, ein ganzes Land elektrisierte. Bis zu Platz drei wurde Deutschland bei der Heim-WM getragen. Jetzt wartet am zweiten Spieltag wieder Polen. Und wieder ein Sieg?

EM 2008, 1:2 gegen Kroatien: Zwei Jahre später ging es sogar bis ins Finale. Im zweiten Spiel klappte es aber mal wieder nicht. 1:2 gegen die cleveren Kroaten, Bastian Schweinsteiger flog kurz vor Schluss nach einer Tätlichkeit vom Platz.

WM 2010, 0:1 gegen Serbien: Auch bei der WM in Südafrika blieb der Fluch des zweiten Spiels bestehen. Nach dem 4:0 zum Start gegen Australien stoppten die Serben Löws Team – begünstigt durch einen verschossenen Elfmeter von Lukas Podolski und Miro Kloses Platzverweis in der ersten Halbzeit. Ins Halbfinale schaffte es Deutschland trotzdem.

EM 2012, 2:1 gegen Niederlande: Das Spiel des Mario Gomez, der deutsche Stürmer schoss die Holländer mit zwei Toren im Alleingang ab. Nach drei Siegen in der Vorrunde reichte es aber wieder nicht zum Titel: Im Halbfinale war gegen Balotellis Italien Endstation.

WM 2014, 2:2 gegen Ghana: Selbst beim großen Brasilien-Coup schwächelte die Löw-Elf im zweiten Spiel. Klose rettete gegen Ghana ein Remis. Am Ende war das verflixte zweite Spiel aber mal wieder ein gutes Omen. Und diesmal?

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