"Deutsche arbeiten, wir kümmern uns um Frauen"
Ein Franzose, der Deutschland die Daumen drückt: Hier entschuldigt sich Kabarettist Alfons (Emmanuel Peterfalvi), der mit Puschel-TV bekannt wurde, für frühere Erfolge der Équipe tricolore – und er lobt Ribérys Eskapaden.
AZ: Alfons, was halten Sie eigentlich von Franck Ribéry?
ALFONS: Ich mag ihn. Er hat das Image von Frankreich aufgebessert. Zum einen, weil er nicht schlecht Fußball spielt, zum anderen mit den Schlagzeilen, die er gemacht hat: Frauen, Nuttenskandal... Dominique Strauss-Kahn hat’s ja vorgemacht. Für mich spielt Ribéry allerdings manchmal fast zu gut. Da müsste man schauen, ob er irgendwo deutsche Vorfahren hat.
Ribéry ist aber keinesfalls bei allen Franzosen beliebt.
Sie verstehen nicht, warum er nach Deutschland gegangen ist. Ich teile das gleiche Schicksal. Wenn man erzählt, dass Deutschland toll ist und man hier Spaß hat, denken sie, man wäre verrückt geworden.
Was unterscheidet die deutschen und die französischen Fußballer?
Die Deutschen trainieren sehr fleißig und bereiten sich auf jedes Spiel sehr gut vor. Sie studieren den Gegner sehr gut ein. Und wann haben die französischen Fußballer zum letzten Mal weltweit auf sich aufmerksam gemacht? Das war, als es bei der Weltmeisterschaft 2010 Streit in der Mannschaft gab. So hat jeder seine Kultur. Die Deutschen arbeiten, die Franzosen streiten.
Dabei war Frankreich Ende des vergangenen Jahrtausends mit die beste Mannschaft der Welt.
Das war eine komische Phase, das war ein Fehler. Da wollten wir nie gewinnen. Das tut uns im Nachhinein auch Leid. Das war auch ein merkwürdiges Gefühl für die Franzosen, auf einmal zu gewinnen. Das machen wir auch nie wieder. Versprochen!
Was verbinden Sie persönlich mit Fußball?
Ich hatte ein besonders tolles Erlebnis. Als Kind, in den 70er Jahren, war meine Lieblingsmannschaft St. Etienne. Eine Spitzenmannschaft. Wie der FC Bayern, nur gut. Mein Lieblingsspieler war Dominique Rocheteau. Ein Außenstürmer mit der Führungsqualität von Franz Beckenbauer, dem Ballgefühl von Uwe Seeler und der Frisur von Günter Netzer. St.<TH>Etienne hat einmal in Paris gespielt, mein Vater hat Karten gekauft. Ich war erstmals dabei. Und in der 70. Minute ist etwas passiert.
Ja?
Rocheteau bekam den Ball und schoss, ausnahmsweise komplett daneben, auf die Tribüne in meine Richtung. Ich wollte den Ball fangen, stand auf – und dann habe ich den Ball komplett in die Fresse gekriegt. Ich wurde mit blutiger Nase von den Sanitätern weggeholt. Das Spiel wurde deswegen auch unterbrochen.
Das muss ziemlich schlimm für Sie gewesen sein.
Überhaupt nicht! Das Ende vom Spiel habe ich zwar nie gesehen, weil ich bei den Sanitätern war. Aber danach ist Rocheteau zu mir gekommen, er hatte wohl ein schlechtes Gewissen. Er hat mir dann den Spielball unterschrieben. Ich habe ihn heute noch. Das war ein großartiges Erlebnis: Ich habe meinen Helden persönlich kennengelernt, habe einen Ball mit Unterschrift bekommen und eine blutige Nase noch dazu. Die war für einen kleinen Franzosen das Megaplus! Toll!
Was denken Sie, ist für Frankreich und Deutschland bei der kommenden EM drin?
Frankreich wird sich bemühen, nicht zu gewinnen. Und ich denke, sie sind auf einem guten Weg. Sie werden nicht mithalten können. Aber das ist auch Höflichkeit: Wir lassen die Deutschen machen, was sie gut können: Fußball spielen, arbeiten und für Europa zahlen. Wir kümmern uns um die schönen Frauen und das Streiten.
Sie tragen bei Ihren Auftritten immer eine orangene Trainingsjacke. Sind Sie schon einmal mit einem Holländer verwechselt worden?
Ja, das ist schon passiert. Dann hieß es: Ah, du bist doch Alfons, der Holländer. Und das hat mich sehr genervt.
Herrscht zwischen Frankreich und Holland eine ähnliche Rivalität wie zwischen Holland und Deutschland?
Man kennt sich eigentlich nicht so richtig. In Frankreich gibt es nicht so viele Holländer. Und wenn, bringen sie Käse und man lacht sie aus, weil unserer viel besser ist.
Wem drücken Sie eigentlich die Daumen bei der EM?
Deutschland natürlich! Und jetzt bin ich auch ernst. Es gibt immer eine Freudewelle, wenn die Nationalmannschaft gewinnt, das gibt es in Frankreich nicht. Alle sind zusammen und freuen sich, es gibt keine Gewalt. Das finde ich toll. Das wäre in Frankreich nicht möglich.