Der Unantastbare

In der Liga dreht sich das Trainer-Karussell, doch Jogi Löw ist beim DFB auf Jahre gesetzt.
von  Patrick Strasser

MAINZ Zuletzt erwischte es den Co-Trainer der Nationalelf, den ehemaligen natürlich. Michael Skibbe, einst Hütchenaufsteller, verlor am Dienstag seinen Job als Trainer der Frankfurter Eintracht, just an dem Tag, an dem sich die Nationalelf ein paar Kilometer weiter in Mainz vor dem Länderspiel-Doppelpack am Samstag in der EM-Qualifikation gegen Kasachstan (20 Uhr, ZDF live) und kommenden Dienstag gegen Australien versammelte.

Skibbe, nun ersetzt durch Christoph Daum, ist der direkte Vorgänger von Joachim Löw, denn der heute 51-Jährige wurde 2004 zunächst Assistent von Jürgen Klinsmann. Dass Löw der heimliche Macher, der taktische Kopf war – ein alter Hut. Skibbe war zwar nur Rudi Völlers Hütchenaufsteller, ist nun aber der zehnte Coach, der während der laufenden Bundesliga-Saison entlassen wurde.

Die Beteiligten sollten „eine gewisse Seriosität und Werthaltigkeit” an den Tag legen, forderte DFB-Teammanager Oliver Bierhoff. Ob das gerade immer der Fall ist, „das ist im einen oder anderen Fall in Frage zu stellen”, kritisierte er die Verantwortlichen der Klubs. Und Löw meinte am Freitag: „Es gab viele Trainerwechsel zuletzt, die man nicht alle gutheißen kann. Man muss sich schon Gedanken machen.” Nun hat er leicht reden. Früher in Stuttgart, Wien oder Istanbul war Löw auch einer aus der Trainer-Brigade, die wie Matrosen auf dem nächsten Schiff anheuern.

Sammer soll bis 2016 bleiben

Skibbe, Magath, Littbarski – drei Trainer gingen innerhalb einer Woche. Und während die Liga kurzatmig von einer Lösung zur nächsten eilt und dabei meist von einer Verlegenheit in das nächste Fettnäpfchen tritt, hat man die allgemeine Verwirrung beim DFB genutzt, um Fakten zu schaffen. Die Verträge des Trainerteams um Joachim Löw, seinen Assistenten Hans Flick sowie Torwartcoach Andreas Köpke wurden ohne viel Aufhebens bis 2014 verlängert. „Jetzt haben wir alle Ruhe und alle Freiheit”, sagte Löw, „das ist gut für uns.” Auch Bierhoff bleibt in Löws Funktionsteam, demnächst soll Sportdirektor Matthias Sammer bis 2016 verlängern, Gespräche laufen schon.

Die Nationalelf – eine Insel der Kontinuität. Darauf lebt Löw, der Unantastbare. Natürlich ist der Job – abgesehen von Turnier-Tagen bei einer WM oder EM – nicht derart abhängig von Tagesform und anderen Unwägbarkeiten, doch viel weniger Stress und Verantwortung birgt der höchste Trainerjob des Landes auch nicht gerade. Doch Löw hat sich durch die Vize-EM 2008 und Platz drei in Südafrika autonom gemacht gegen die Mechanismen des Geschäfts – nur ein ganz blamables Ausscheiden 2012 in Polen und der Ukraine könnte seinen Job gefährden. Was die Sympathiewerte betrifft, ist „der Jogi” in ganz Deutschland ohnehin unschlagbar.

„Wir wollen attraktiven, leidenschaftlichen Fußball von Spielern, die sich mit ihrem Sport und ihren Fans identifizieren”, sagte DFB-Präsident Theo Zwanziger, „und dafür ist Joachim Löw ein Garant.” Auf Jahre hinaus.

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