Der tragische Mill-itaryan
Dortmund - Es fehlten nur ein paar Zentimeter, zumindest bis zum 3:0, zumindest bis zur Verlängerung. Das Wunder von Dortmund, es war so verdammt nah, beinahe hätte es die Mannschaft von Jürgen Klopp wieder geschafft und Real Madrid ausgeschaltet. Und das nach dem 0:3 im Hinspiel! Doch am Ende gewann Dortmund, das exzellent aufspielte, nur 2:0 – und Henrikh Mkhitaryan hielt sich die Hände vors Gesicht, ehe er minutenlang apathisch ins Stadion-Rund blickte.
Dortmunds Regisseur hatte ein gutes Spiel gemacht, kein Vergleich zu seiner eher indiskutablen Leistung im Hinspiel. Aber: Er wurde zur tragischen Figur dieses Abends, das doch so viele Helden verdient hatte. Mkhitaryan versuchte es aus der Distanz, er versuchte es unbedrängt links im Fünfmeterraum, er versuchte es rechts im Strafraum. Und doch traf er das Tor einfach nicht. Schlimmer noch: Er traf bei seiner größten Gelegenheit nur den Pfosten. Und das, obwohl er davor alles richtig gemacht hatte. Den sehr zuckrigen Pass des wahrlich überragenden Doppel-Torschützen (24. und 37.) Marco Reus hatte er an der Strafraumlinie aufgenommen, daraufhin seine Gegenspieler und Keeper Iker Casillas ins Leere laufen lassen, er hatte schließlich unbedrängt Maß nehmen können, er drang weder zu schnell, noch zu langsam in den Fünfmeterraum ein, schoss – und traf statt das leere Tor nur den Pfosten.
Dortmund hatte weitere Chancen. „Beim dritten Tor wäre Real tot gewesen, wir hätten das zwei oder drei Mal machen können“, sagte Geschäftsführer Aki Watzke.
Doch Mkhitaryan, von Bundestrainer Joachim Löw schon mal als „Miki-nochwas“ bezeichnet, war das Symbol dieser Niederlage. Er wurde auf Twitter schnell als „Miki-Mill“ oder „Mill-itaryan“ verballhornt. In Anlehnung an Frank Mill, der den Ball 1986 einst im Spiel gegen den FC Bayern unbedrängt an den Pfosten geschossen hatte.
Der Vergleich ist freilich unfair, Mills Pfostenschuss damals zeugte von Arroganz, Mkhitaryan hatte gestern einfach Pech – wie zugegeben aber recht oft in wichtigen Spielen. Gestern liefen die Mitspieler nach dem Spiel alle zu ihm, dem tragischen Helden, versuchten ihn zu trösten. Die Fans blieben lange im Stadion, sangen zusammen „You’ll never walk alone“. Selten war das Lied angemessener.