Der Titelkrampf in der Bundesliga
FC Bayern nur auf Rang 5, doch die Rivalen wollen die Schale offenbar nicht.
MÜNCHEN Wer Meister wird? Seit Jahr und Tag fällt den Bundesliga-Trainern auf die obligatorische Umfrage vor der Saison nichts Neues ein: Bayern, wer sonst? Unoriginelle Antwort, null Quote bei den Buchmachern. Nach knapp zwei Dritteln der Saison dümpelt Bayern auf Rang fünf, doch vom Titel redet nur: der FC Bayern. Die Konkurrenz zieht nicht so richtig.
Franz Beckenbauer findet die Tabelle „lächerlich“ und fragt: „Ja, will denn keiner Meister werden?“ Sieht nicht so aus, macht aber nichts. Jürgen Klinsmann sieht die Lage so: „Für die Bundesliga ist das eine schöne Situation. Die Liga ist packend, spannend und doch friedlich.“ Man muss nicht jeden seiner Sätze verstehen. Jedenfalls ziehen sich die vier Teams vor dem FCB in kontrollierter Defensive auf die Position zurück: nichts muss, alles kann. Titelkrampf statt Titelkampf. Bayerns Rivalen im AZ-Check.
Hertha BSC Berlin (Platz 1, 43 Punkte, 35:26 Tore): Die Effizienzkönige: Zehn der 13 Siege wurden mit einem Tor Differenz erzielt. Dennoch sind die Berliner die beste Heimmannschaft (neun Siege in Folge). All dies ist jedoch kein Grund, optimistisch zu sein. „Wir verlieren uns nicht in Träumen“, sagte Manager Dieter Hoeneß nach dem 2:1 gegen Gladbach, „dieses Spiel hat gezeigt, warum wir so zurückhaltend sind. Wenn wir drei Spieltage vor Schluss da oben stehen, können wir über mehr reden. Aber so weit sind wir noch nicht.“ Trainer Lucien Favre sagte: „Es dürfen alle träumen, aber für mich hat sich nichts geändert.“ Und moserte fröhlich weiter: „Zu viele Ballverluste, zu wenig Bewegung.“
Hamburger SV (Platz 2, 42 Punkte, 34:31 Tore): Bis zur Heimniederlage gegen den VfL Wolfsburg: wunderbar erfrischender Angriffsfußball, auch im Uefa-Cup. Doch Offensiv-Verfechter Martin Jol mauerte nach dem 1:3 vom Sonntag: „Wir sind gut, aber nicht perfekt. Manchmal hat etwas die Intelligenz gefehlt. So gut sind wir vielleicht auch nicht, dass wir ganz oben stehen.“ Sportchef Dietmar Beiersdorfer gab sich dagegen einen Hauch positiver: „Wir sind nach wie vor dabei.“ Schließlich heißen die nächsten Gegner Gladbach und Cottbus. Platz eins ist somit in Sichtweite. Zwangsweise.
TSG Hoffenheim (Platz 3, 41 Punkte, 49:31 Tore): Okay, die haben wirklich andere Sorgen als die Meisterschaft: Doping-Vorwürfe, Verletzte (nach Vedad Ibisevic fällt nun auch Sejad Salihovic mit Bänderriss für ein paar Wochen aus), Gelb-Gesperrte (gegen Bremen fehlen Teber und Gustavo). Nur einen Sieg gab es aus den letzten sieben Spielen. Erstmals seit Spieltag sieben steht die TSG nicht auf Platz eins oder zwei. Vom Titel redet Ralf Rangnick aus prinzip nicht, gibt sich aber im Vergleich zu seinen Trainerkollegen fast überschwänglich: „Wir stehen weiterhin ausgezeichnet da.“
VfL Wolfsburg (Platz 4, 39 Punkte, 45:28 Tore): In der Understatement-Tabelle wie immer ganz vorn: Felix Magath. Nach dem vierten Sieg in Folge, im Stadion des Tabellenführers, beschied er Fragen nach der Perspektive des Klubs mit den Worten: „Es ist nicht unser Ziel, Meister zu werden. Wir wollen bei den Uefa-Cup-Plätzen bleiben. Dafür reicht Platz fünf. Und dafür sind noch viele Spiele zu gewinnen.“ Davon geht Grafite (14 Tore), mit dem Kollegen Dzeko (11 Tore) gefährlichster Sturm der Liga, schon mal aus: „Wenn wir so weitermachen, können wir vielleicht ganz oben angreifen.“ Dazu wird ihm sein Trainer so einiges zu sagen haben. Meisterschaft? Wo kommen wir denn da hin!
tbc