Der stolze Özil: Einfach Mesut

Bei seinem ersten Länderspiel von Beginn an brilliert der junge Bremer als Spielmacher. Hier steht, wie er privat lebt, warum er sich gegen die Türkei entschied und wie deutsch er sich fühlt.
von  Abendzeitung
JUbelt nach seinem Tor gegen Südafrika:  Mesut Özil.
JUbelt nach seinem Tor gegen Südafrika: Mesut Özil. © Rauchensteiner/Augenklick

Bei seinem ersten Länderspiel von Beginn an brilliert der junge Bremer als Spielmacher. Hier steht, wie er privat lebt, warum er sich gegen die Türkei entschied und wie deutsch er sich fühlt.

LEVERKUSEN Ein Mann, ein Name, ein Gefühl. Einfach Mesut. Özils Vorname bedeutet im türkischen: glücklich sein. Özil also war richtig Mesut am Samstag in Leverkusen nach seinem ersten Länderspiel seiner Karriere von Beginn an.

Nach zwei Einwechslungen (insgesamt 20 Minuten) durfte sich Özil erstmals von Beginn an im Nationalteam präsentieren - die Wirkung wird nachhaltig sein. Der 20-Jährige riss als Freigeist im Mittelfeld, mal Spielmacher, mal Linksaußen, die Testpartie gegen Südafrika an sich, erzielte das 2:0 selbst. Große Worte sind nicht seine Sache, aber seine Mimik verriet den Stolz und die Freude. Özil spricht stets so ruhig, als wolle er ja nicht auffallen, das ist sein Wesen. „Wenn ich auf dem Platz stehe, will ich helfen. Ich denke, das ist mir ganz gut gelungen." Ist es ihm.

Özil könnte der Schlüssel sein zur Lösung des Kreativ-Mankos der Elf von Bundestrainer Joachim Löw mit Blick auf die entscheidenden WM-Qualifikationsspiele. „Mesut hat viele Akzente gesetzt und Klasse-Aktionen gehabt", lobte Löw den Mann von Werder Bremen, „viele gute Aktionen liefen über ihn. Mit seinem guten Auge und seinen Pässen aus dem Fußgelenk, die einfach aussehen, aber wirklich schwierig sind, hat er viele gefährliche Situationen produziert."

Sieht ganz nach einem Stammplatz aus und danach, dass die Nationalelf nach langer Zeit wieder einmal einen richtigen Spielmacher hat. Einen, der aber noch Anleitung braucht – auf dem Platz. Sein Personal-Trainer war Kapitän Michael Ballack. „Er hat mich gut gecoacht", sagte Özil, dem der Chelsea-Star im Spiel den Rücken frei hielt.

Noch Ende 2008 war längst nicht klar, ob es so weit kommen würde oder ob Özil für die Türkei spielen würde. In Gelsenkirchen geboren, ist Özil nach Mustafa Dogan und Serdar Tasci erst der dritte türkischstämmige Profi in der DFB-Historie. Die Liste der in Deutschland geborenen Spieler, die sich für die Türkei entschieden haben, ist ungleich länger: Etwa die ebenfalls in Gelsenkirchen geborenen Brüder Hamit und Halil Altintop (FC Bayern und Schalke), der Lüdenscheider Nuri Sahin (Dortmund), der Herner Yildiray Bastürk (VfB Stuttgart) oder einst der Allgäuer Ilhan Mansiz, der momentan bei 1860 trainiert. Fans und Öffentlichkeit, sogar der türkische Nationaltrainer Fatih Terim hatten Druck auf den mit zwei Sprachen und zwei Kulturen aufgewachsenen Özil ausgeübt – doch der entschied sich für den DFB, die Familie lebt schon in der dritten Generation in Deutschland.

Da nimmt man schon mal die Gewohnheiten des Landes an. „Pünktlich bin ich, und Ordnung halten ist wichtig. Es muss immer alles geputzt sein", ist Özils Devise, der die türkische Staatsbürgerschaft abgelegt hat und auch nicht konsequent nach den Regeln eines Moslem lebt. Der Glaube spielt für ihn keine zentrale Rolle, er richtet sich nach ihm „so gut es geht. Ich kann nicht jeden Tag beten, aber ich bin gläubig. Schweinefleisch esse ich nicht. Alkohol aber gibt es nur ab und zu." Auch an die Fastenzeit, den islamischen Fastenmonat Ramadan (dieses Jahr vom 21. August bis 19. September), hält er sich nicht, weil er als Jugendspieler körperlich zu sehr darunter gelitten hatte: „Ich fühlte mich schlapp und bekam Kopfschmerzen."

Er spricht ganz offen darüber, egal ob ihm das Übel genommen wird oder nicht. Seinen Hang zur Faulheit versucht Özil auch nicht zu verbergen. Kommt die Familie zu Besuch in die Junggesellenwohnung nach Bremen, muss sie ihm immer den Kühlschrank auffüllen, denn: „Einkaufen mag ich überhaupt nicht", sagt Özil, " in den Supermarkt gehen, nee, das ist nicht so mein Ding."

Özil will einfach nur spielen, er sagt: „Fußball ist keine Arbeit für mich, sondern nur Spaß. Ich bin immer glücklich, wenn ich den Ball habe." Dann ist Özil ganz Mesut.

Patrick Strasser

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