Der Schöne und das Biest

Am Mittwoch trifft Joachim Löw mit der DFB-Elf auf Holland-Coach Louis van Gaal – zwei Trainer, die unterschiedlicher kaum sein könnten. Die AZ macht den Vergleich
von  Patrick Strasser

MÜNCHEN Gäbe es eine Louis-van-Gaal-Trophäe für die Wahl zum besten Trainer des Planeten – wer würde die gewinnen? Bei einer Stimmenthaltung von José Mourinho und einem alleinigen Wahlrecht des Holländers wäre die Angelegenheit klar. The winner is: Louis van Gaal, der Bondscoach. Ja, wer sonst?

Kürzlich kam die Frage nach dem Besten wieder auf. In Zeist, im Hauptquartier des niederländischen Fußball-Verbands KNVB. Er halte sich doch für den Besten, fragte ein Reporter. „Das sagen Sie. Ich habe das niemals gesagt”, antwortete der Ex-Bayern-Coach. Vorsichtige Rückfrage, ob es einen Besseren gäbe? Antwort: „Der ist schwierig zu finden.” Van Gaal überlegt: Alex Ferguson sei ein „sehr guter Trainer, in England ist es aber auch einfacher”. Warum, blieb offen. Sonst? Er zählte auf: Mourinho, del Bosque und Bielsa seien auch gute Trainer. Und was ist Joachim Löw?

Knifflig. Was soll er schon sagen? Etwas Diplomatisches, Verbindliches, Nettes eben vor dem Länderspiel am Mittwoch in Amsterdam (20.30 Uhr, ARD live) gegen die Niederlande. Nicht mit Louis. „Tja”, sagte er und seufzte, „er hat noch nicht viel gewonnen. Ich denke, dass ein Trainer viel gewinnen muss, um eine legendarische Trainer zu sein.” O-Ton van Gaal. Legendär wie das Wort, das er gesucht hatte.

Viel verloren hat Löw in letzter Zeit. Zwar nur zwei Punkte in der WM-Qualifikation gegen Schweden. Aus 4:0 wurde 4:4. Der tatsächliche mentale Schaden ist noch nicht absehbar. Aktuell verliert Löw täglich Spieler um Spieler, die sich mit Blessuren oder erkrankt abmelden (siehe unten). Van Gaal hat es da besser. Ein Heimspiel. Ein Prestige-Spiel. Die letzten zwei Pleiten, das 1:2 bei der EM im Juni und das vernichtende 0:3 vor Jahresfrist in Hamburg, haben weh getan. „Es ist schon etwas Besonderes, wenn manSpieler zum Gegner hat, die man wie seine Westentasche kennt”, sagte van Gaal.

Die AZ vergleicht die beiden Trainer. Sie sind: Der Schöne und das Biest.

DAS AUFTRETEN


Hier Löw, der eher zurückhaltende, smarte Typ, volles Haar, flott gescheitelt, leicht graue Koteletten, feinster Zwirn, Hemden-Typ, ohne Krawatte. Ein Werbesonnyboy. Van Gaal? Macht nur Werbung für sich. Trägt gern Adiletten, aber auch Klubanzüge, Krawattenträger. „Ein sympathischer Mann” – das sagt van Gaal über Löw.

DAS SELBSTVERSTÄNDNIS


Löw sieht sich als Fußball-Lehrer, nicht als Entertainer. Inszenierungen sind seine Sache nicht. Der 52-Jährige ist beliebt, genießt Anerkennung, vor allem bei weiblichen Fans. Was ihm fehlt, sind Titel. Und van Gaal? Der Mann ist eine Show. „Ich bin wie Gott”, sagte er einst an der Säbener Straße und schob noch hinterher: „ich bin nie krank.” Ansonsten sei er „selbstbewusst, dominant, arrogant, ehrlich, innovativ – aber auch warm und familiär”. Uli Hoeneß würde das nicht unterschreiben, eher die Attribute beratungsresistent und weltfremd hinzufügen.

DER JOB


„Die Resultate geben van Gaal grundsätzlich recht”, sagte HSV-Profi van der Vaart, „er ist ein Trainer, der seine Grundsätze hat und danach handelt.” Oh ja. Geradlinig, aber eben auch stur. Das Ballbesitz-Spiel der Bayern und die 4-5-1-Taktik des DFB-Teams fußt auf seiner Philosophie. Oder nicht? „Mit der 4-5-1-Variante spielen wir bereits seit der EM 2008”, entgegnete Löw, „vielleicht ist es ja sogar so, dass van Gaal sich von unserer Nationalelf ein wenig hat inspirieren lassen, als er im Sommer 2009 beim FC Bayern anfing.”


DIE FRAUEN


Hier Daniela Löw, stets im Hintergrund, quasi unsichtbar, selten im Stadion. Dort Truus. Herzlich, extrovertiert, gibt gerne Interviews. Eben seelenverwandt.Patrick Strasser

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