Der Lebensretter geht in Rente

Physiotherapeut Adi Katzenmeier hört nach 45 Jahren beim DFB auf:„Es geht ans Herz!“
FRANKFURT Er hat mehr als doppelt so viele Länderspiele wie Rekord-Nationalspieler Lothar Matthäus. Er war, genau wie Franz Beckenbauer, zweimal Weltmeister: Adolf „Adi“ Katzenmeier. Bereits 1963 wurde der Physiotherapeut von Bundestrainer Sepp Herberger zum DFB, 21 Jahre später von Beckenbauer zum Nationalteam geholt. Nun – nach 45 Jahren, sieben Welt- und acht Europameisterschaften – wird er seine heilenden Hände in den Schoß legen: Der kleine Mann mit dem grauen Schnauzer feiert am Samstag seinen 74. Geburtstag und wird beim Länderspiel gegen England am Mittwoch verabschiedet. Und er gibt jetzt schon zu: „Alles hat ein Ende, aber es geht schon ein bisschen ans Herz.“
„Heute legen sich die Spieler auf die Massagebank, haben iPod 1 und 2 in den Ohren und telefonieren nebenbei noch mit der Freundin“, sagt Katzenmeier, „früher war das anders: Wenn ich Gerd Müller behandelt habe, dann haben wir noch geredet.“ Generationen von Nationalspielern haben ihn geschätzt. „Er war ein loyaler Weggefährte, ein Bindeglied zwischen Trainern und Spielern“, meint Bundestrainer Joachim Löw. „Adi war einer, der den Spielern – und nicht nur ihnen – Tag und Nacht selbstlos zur Verfügung stand“, sagt Beckenbauer, „der Adi wusste und erfuhr alles.“ Verraten habe er nie etwas.
Doch kurz vor seinem Abschied plaudert Katzenmeier dennoch aus der Kabine. Zum Beispiel, dass Gerald Asamoah eine seiner größten Herausforderungen war: „Ich hab' immer gesagt, da massier' ich eine Tischplatte. Der hat 'ne Muskulatur – unglaublich.“ Oder dass Lothar Matthäus so hart im Nehmen wie kein anderer war: „Der hat ausgeteilt, aber auch immer auf die Zähne gebissen.“ Guido Buchwald hat der „Physio“ sogar einmal das Leben gerettet: Der Stuttgarter war bei der EM 1992 „wie ein Wackelpudding zu Boden gestürzt und hatte dabei seine Zunge verschluckt“ (Katzenmeier), doch der Physio rettete ihn vor dem Ersticken. Richtig sauer war der „Adi“ selten. Als ihm jedoch Torwarttrainer Sepp Maier bei einer Übungseinheit mal einen Hasen im Medizinkoffer versteckt hatte, wollte er am liebsten abreisen.
Besonders verbunden fühlt sich Katzenmeier jedoch einem aus der jungen Generation, Bayern-Star Lukas Podolski: „Der war nicht nur an jedem Abend vor einem Spiel bei mir. Wir sitzen auch im Bus nebeneinander. Poldi wird schon merken, wenn ich nicht mehr da bin.“