Der Kinder–Klinsmann
Gut fühlen, gut spielen: Mit neuen Methoden fördert Udo Bassemir, der 2002 eine schwere Leukämie-Erkrankung überstand, den Kicker-Nachwuchs
MÜNCHEN Letzte Woche bekam Uli Hoeneß Besuch. Von Udo Bassemir, dem Koordinator für die Partnervereine des FC Bayern, und als Bassemir von seinen neuen Ideen und Konzepten für die Jugendarbeit erzählte, da war Hoeneß schwer angetan. Denn Bassemirs Vision passt gut in die neue Philosophie der Bayern.
Denn auch Bassemir geht es ums Wohlempfinden, bei den Profis wie bei den Kindern, und um die individuelle Förderung. Gut fühlen, gut spielen.
„Wir wollen sie als Fußballer fördern“, sagt Bassemir, „vor allem aber als Menschen weiterbringen. Es geht um den ganzheitlichen Weg.“ Worte, die auch vom neuen Profi-Trainer der Bayern kommen könnten.
Bassemir, der Klinsmann für die Kleinen.
Früher war Bassemir mal Trainer der Regionalliga-Mannschaft der Bayern. Nach seiner Leukämie-Erkrankung 2002 kümmerte er sich um Jugendarbeit bei den inzwischen 14 Partnervereinen der Bayern im ganzen Freistaat. Von Hof bis Inzell, von Würzburg bis Vilshofen, wo Bassemir vorbeischaute, um die Trainingsmethoden zu verbessern und um nach Talenten zu schauen. In den letzten Jahren waren es 25 Jugendliche, die so zu den Bayern kamen.
Doch Bassemir reichte es nicht, nur sture Trainingsinhalte zu vermitteln, Jacken und Trikots der Bayern zu verteilen. „Ich spürte, dass es zu viele Probleme in den Vereinen gab“, sagt Bassemir, „zu viele Konflikte. Oft arbeiten alle nur gegeneinander.“
Eltern, Kinder, Trainer.
Bassemir geht es ums Miteinander der Mannschaft. Und um die Förderung des Einzelnen. Bassemir will „positive Energie“ ausstrahlen. Auch ohne Buddhas.
So wird eine Pädagogin und Coaching-Experten miteingebunden, die die jungen Fußballer bei der Teamfähigkeit weiterbringen soll und bei der Kommunikation. „Auf vielen Fußballplätzen wird nur noch geschrien“, sagt Bassemir, „Kinder und Jugendliche können sich kaum noch artikulieren, auch da geht es schon um die Umgangsformen, um den Respekt.“ Und es geht ihm um den Horizont, der weiter reichen soll als von der einen Torauslinie bis zur nächsten.
Auch mit anderen Sportarten. Statt eines Trainings sollen die Kinder mal zum Radeln oder auch zum Ringen. „Der Vater eines Sohnes bei SE Freising ist Ringer in Hallbergmoos“, sagt Bassemir. „Jetzt lädt er die ganze Mannschaft ein, dass sie das selbst ausprobieren können.“ Vom Rasen auf die Matte. Zweikampfschulung mal ganz anders.
Aber Bassemirs Weg geht noch weiter, bis in die Kultur.
So hat er bereits Till Hoffmann, den Chef vom Schwabinger „Lustspielhaus“ dafür gewonnen, dass Jugendmannschaften bei ihm zu Theaterabenden kommen, zu Kabarett und Kleinkunst.
Dazu kommen Schulbetreuung, Nachhilfeunterricht, Unterstützung bei der Jobsuche, auch mit Hilfe von Vätern und Müttern der Mitspieler. „Es müssen alle miteinander arbeiten“, sagt Bassemir, „denn wenn sie im Charakter gestärkt sind, dann kommen sie auch als Fußballer weiter. Und selbst wenn es nichts wird mit der großen Karriere, dann haben sie doch auch so davon profitiert.“ Als Individuum, als Persönlichkeit.
Für diesen Samstag hat Bassemir die Partnermannschaften eingeladen. Auf dem Platz des ASV Dachau gibt es ab 9.45 Uhr Infostände zu Bassemirs Projekt, dazu ein Turnier der U14-Mannschaften. Ein bisschen geht es auch um Fußball. Vor allem aber um den Mensch. Florian Kinast
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