Der Ex-Löwe, gegen Werder bärenstark

Christian Träsch begeistert beim 4:1 des VfB Stuttgart über Werder Bremen. Ausgebildet wurde der 21-Jährige übrigens beim TSV 1860.
STUTTGART Als Stuttgarts Held des Tages dem entspannten Teil des Abends entgegenstrebte, eilte er am ratlosen Werder-Tross vorbei. Die Bremer Profis warteten, auf Koffern sitzend, vor der Mercedes-Arena minutenlang auf den eigenen Mannschaftsbus und rätselten, wie und warum sie beim 1:4 in Stuttgart so gnadenlos demontiert worden waren. Da wollte Christian Träsch (21), der gefeierte VfB-Verteidiger, nur noch heim. Und zur Freundin.
Er hatte ja genug erlebt. Die aufwühlenden Momente seines zweiten Bundesligaspiels und sein traumhaftes Tor. „Meine Pulswerte sind schon nach oben gegangen als ich hörte, ich spiele“, sagte er. Erst in der Teamsitzung am Samstag hatte er von seinem Einsatz erfahren: „Ich hatte ein großes Kribbeln im Bauch.“
Auf dem Rasen schien dann alle Aufregung wie weggeblasen. Träsch war bestens auf den einen Moment vorbereitet. Am Vormittag hatte Mario Gomez ihm geraten: „Spiel einfach!“ Träsch hielt sich in der 28. Minute genau an Gomez’ Rat: „Querspielen oder draufhauen, was anderes gab es nicht. Ich habe draufgehauen." Heraus kam ein besonderes Tor zum 2:0. Sein erstes, ein Schuss wie ein Strich, aus 22 Metern. Ratgeber Gomez meinte: „Ich habe selten ein so schönes Tor live miterlebt.“
In der Nacht nach dem schauerlichen 2:2 gegen Varna im Europapokal am Donnerstag, so behauptet Trainer Armin Veh, habe ihn der Geistesblitz getroffen. Danach habe festgestanden, „wir spielen mit zwei Sechsern“ im Mittelfeld – und mit Träsch.
Ein Glücksgriff. Und eine Entdeckung mit Münchner Wurzeln. Träsch, der gebürtige Ingolstädter, ist bei 1860 ausgebildet worden als Jugendspieler. Bis 2007. Dann war er zum VfB gewechselt. Ein Verrechnungsgeschäft, im Gegenzug wechselte der heutige 1860-Kapitän Daniel Bierofka zurück zu den Löwen.
Spätestens am Samstag also ist Träsch – anders als der TSV 1860 – angekommen in der Bundesliga. „Er hat eine erfrischende Spielweise, muss aber noch ein paar Dinge wie das Spiel nach vorne verbessern“, befand Trainer Veh.
Wenn „Spiel nach vorne" bedeutet, Tore zu schießen, ist der frühere Gladbach-Fan Träsch auf einem guten Weg. Er selbst sagte: „Sonst spiele ich in der Dritten Liga, diesmal kam der Gegner aus der Champions League. Ich habe versucht, alles wie sonst auch zu machen.“
Das schien zu reichen für eine Bremer Mannschaft, die weder „Laufbereitschaft“ noch „Zweikampfwillen“ zeigte wie Trainer Thomas Schaaf beklagte: „So verhält sich kein Profi.“ Eine große Spur zu lässig agierten die Bremer, die sich noch am Mittwoch für ihr 1:1 bei Inter Mailand hatten feiern lassen. „Die Frage ist, wie wir zu mehr Konstanz finden und nicht mehr diese Wechsel haben“, sagte Manager Klaus Allofs. So ein 5:4 über Hoffenheim „ist schön, aber es zeigt auch, dass wir Probleme haben“.
Anders als das junge Stuttgarter Team. Der VfB spürt sich im Aufwind. Veh sagte: „Wir sind schon mal Meister geworden mit so viel Jungen. Aber das war nicht normal.“ Christian Träsch kam schon der vergangene Samstag mit seinem Traumtor nicht „normal“ vor.
Oliver Trust