Das Prinzip Steinbrecher
Wenn Ihnen Samstagabend wieder Michael Steinbrecher aus dem Lager des deutschen Teams zugeschaltet wird, dann sitzt Ihnen da nicht irgendein öffentlich-rechtlicher Quacksalber gegenüber, sondern, wenn Sie so wollen, die intellektuelle Leuchte der ZDF-Sportredaktion. Steinbrecher ist nicht nur diplomierter Journalisten, sondern als Professor der TU Dortmund auch Lehrtätiger und damit Ausbilder künftiger Fernsehjournalisten.
Speziell seine Interview-Kurse seien stets überbucht, heißt es aus TU-Kreisen. Warum, ist allerdings nicht ganz klar, wenn man ihn so sieht bei dieser Euro. Steinbrecher versteht weniger was von harten, journalistischen Fragen als vielmehr die Kunst der metrosexuellen Anschmeichelei. Er ist damit eine Art David Beckham des Zweiten, nur dass Beckham nie so eine Frisur getragen hätte (die in diesem Fall auch noch wie ein Toupet ausschaut).
Steinbrechers Ansatz basiert auf der Artenvielfalt seiner Mimik und Gestik. Die Beine hat er stets leicht feminin übereinander geschlagen, die schwingende linke Hand unterstützt elegant das gesäuselte Wort indem sie Daumen und Zeigefinger aneinanderpresst, die blondierten Locken tun ihr übriges.
Wenn er nach dem Holland-Spiel Bundestrainer Löw fragt, wie zufrieden dieser denn mit der Defensive gewesen sei, dann schaut Steinbrecher selbst derart zufrieden in die Kamera, dass Löw selbst gar nicht mehr unzufrieden sein kann.
Wenn Steinbrecher von „Schweinsteigers Leidenszeit“ spricht, dann setzt er selbst eine Leidensmiene auf, auf die Lazarus neidisch wäre. Am Ende grinst er Löw an, bei der Frage, ob der heute besonders gut drauf gewesen sei, so dass Löw gar nichts mehr sagt, sondern, genau: zurückgrinst. Mit dieser Art des Fragens bekommt der Zuschauer zwar keine neuen Erkenntnisse, aber dafür pomadisierte Plattitüden und Nichtigkeiten.
Alte Professoren-Weisheit: Man darf seine Zuhörer auch nicht überfordern.
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