Das Ende vom Jogi

„Ich bin sehr verärgert! Nach der geplatzten Vertragsverlängerung giftet Bundestrainer Löw weiter gegen die DFB-Spitze. Inzwischen erscheint es immer unwahrscheinlicher, dass er nach der WM noch im Amt sein wird.
von  Abendzeitung
Nachdenklich wirkt der Bundestrainer ja häufiger. Das Gerangel um seine Vertragsverlängerung hat Joachim Löw nun aber besonders schwer getroffen. Er reagiert gekränkt.
Nachdenklich wirkt der Bundestrainer ja häufiger. Das Gerangel um seine Vertragsverlängerung hat Joachim Löw nun aber besonders schwer getroffen. Er reagiert gekränkt. © firo/Augenklick

„Ich bin sehr verärgert! Nach der geplatzten Vertragsverlängerung giftet Bundestrainer Löw weiter gegen die DFB-Spitze. Inzwischen erscheint es immer unwahrscheinlicher, dass er nach der WM noch im Amt sein wird.

WARSCHAU Anschaulicher hätten die Beteiligten die Stimmungslage kaum demonstrieren können: Bundestrainer Joachim Löw fuhr zusammen mit Manager Oliver Bierhoff zum Kultur-Palast in Warschau – getrennt von DFB-Chef Theo Zwanziger. Und bei der Auslosung der Qualifikations-Gruppen zur EM 2012, bei der Deutschland die Türkei, Österreich, Belgien, Kasachstan und Aserbaidschan zugelost bekam, saß Zwanziger erneut in sicherer Distanz zu Löw und Bierhoff.

Der Riss zwischen der sportlichen Leitung der Nationalmannschaft und dem DFB-Präsidium ist tief nach der geplatzten Vertragsverlängerung des Bundestrainers. Seither haben gegenseitige Schuldzuweisungen die Lage noch verschärft (AZ berichtete). Vom Bundesjogi und seinem Kuschelverhältnis zur Verbandsspitze ist nichts mehr übrig. Löw: „Ich bin sehr verärgert über den Verlauf der letzten Woche.“

Experten rechnen längst damit, dass Löw spätestens nach der WM im Sommer – bis dahin läuft sein Vertrag – nicht mehr Bundestrainer sein wird. Günter Netzer, Chefkritiker in der ARD, griff dem schon vorweg, als er sagte: „Löw wird wieder einen Job finden.“ Offen scheint nur noch, wann die Trennung vollzogen wird.

Geht Löw vor der WM (ab 11. Juli)?

Unwahrscheinlich. In Warschau gab sich DFB-Boss Zwanziger darum diplomatisch: „Ich will Joachim Löw als Bundestrainer behalten. Wenn wir eine erfolgreiche WM spielen, werde ich mit ihm sprechen. Und wenn wir sie nicht so erfolgreich spielen, dann auch. Er ist mein erster Ansprechpartner.“ Kurzfristige Alternativen hat der DFB-Chef ohnehin kaum.

Und Löw? Der wird nicht zurücktreten. Er sagte: „Die WM ist jetzt das Allerwichtigste.“ Und: „Ich freue mich wahnsinnig auf die WM. Da spielt es keine Rolle, ob ich einen neuen Vertrag habe oder nicht.“

Natürlich ist auch Löw klar, dass es „Nebengeräusche geben wird, aber wir lassen uns jetzt nicht davon beeinflussen, was passiert ist. Doch bei mir wird es keine Ablenkung und keine Ausreden geben.“

Tritt Löw nach erfolgreicher WM als Weltmeister oder Finalist ab?

Durchaus denkbar. Am Sonntag ist Löw gefragt worden, ob er bei der am 3. September beginnenden EM-Qualifikation noch im Amt sein wird. Die Antwort fiel kühl aus: „Wird man sehen. Ich mache mir darüber jetzt keine Gedanken.“

Löw sieht seine Arbeit nicht richtig gewürdigt. „Ich bin seit sechs Jahren leitender Angestellter. Wir haben mit unserem Team alles für den Erfolg der Nationalmannschaft und die Reputation des deutschen Fußballs getan“, sagte er. „Natürlich ist es unser Recht, Forderungen zu stellen. Ich bin der Bundestrainer!“ Basta!

Löw fühlt sich von der Verbandsspitze unter Druck gesetzt – und dazu als raffgierig an den Pranger gestellt: „Ich habe kein Verständnis dafür, dass mit der DFB mit dem Vertrags-Angebot ein Ultimatum gesetzt hat. Es kann nicht sein, dass ich ein Angebot innerhalb von 48 Stunden annehmen soll. Und wer uns kennt, der weiß, dass wir keine Macht- oder Geldgier haben.“

Er sei „irritiert, dass manche Dinge an die Öffentlichkeit gekommen sind, die intern am Tisch besprochen wurden“. Von Bonus-Zahlungen in Höhe eines Jahresgehalts für die Unterschrift war die Rede. Löw: „Ich fühle mich wie vor den Kopf gestoßen.“

Tritt Löw tritt nach einer verkorksten WM ab?

Das dürfte als sicher gelten. Über diese Möglichkeit sagte er in Warschau: „Das muss man mal sehen, ob wir dann noch gefragt werden – und ob wir auch zu Gesprächen bereit sind.“ DFB-Sportdirektor Matthias Sammer gilt als möglicher Nachfolge-Kandidat. Ex-Bayer Ottmar Hitzfeld hat in der Schweiz einen Vertrag bis 2012. Und Louis van Gaal? Nach dem 3:1 in Wolfsburg flachste der Bayern-Coach: „Bayern ist mein letzter Klub. Ich werde aber noch eine WM oder EM mitmachen, warte auf ein schönes Angebot einer guten Nationalmannschaft. Vielleicht bin ich in zwei, drei Jahren Deutscher.“ key

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