Das Denkmal bröckelt

Birgit Prinz wollte nie ein Star sein. Doch ausgerechnet vor der Heim-WM droht der Ex-Weltfußballerin ein Platz auf der Bank.
von  Frank Hellmann

Birgit Prinz wollte nie ein Star sein. Doch ausgerechnet vor der Heim-WM droht der Ex-Weltfußballerin ein Platz auf der Bank.

Frankfurt
- Wer dieser Tage durch die belebte Frankfurter Einkaufspassage Zeil schlendert, kommt an Birgit Prinz gar nicht vorbei. Eine samt Sockel 7,80 Meter hohe, zentral positionierte Figur zieht die Blicke auf sich. Die dreimalige Weltfußballerin in Aktion. Oberbürgermeisterin Petra Roth ist mächtig stolz auf diese Art von Denkmal, die Stadt Frankfurt, sagt sie, sei doch die „Hauptstadt des Frauenfußballs“ und Birgit Prinz, ja die sei „die Steffi Graf des Fußballs“. Aushängeschild und Vorzeigefigur.

Dumm nur, dass die 33-Jährige damit wenig anfangen kann. Und diese Rolle ungern spielt. Als die Statue am 9. Juni eingeweiht wurde, stand Birgit Prinz, schmucklos in ein schwarzes T-Shirt gehüllt und die dunklen Haare nach hinten gebunden, vor dem Ebenbild und sagte: „Das ist mir schon unangenehm. Ich werde die Zeil sicher die nächsten Tage nicht betreten.“

Die gebürtige Frankfurterin, die eine Ausbildung zur medizinischen Bademeisterin und Physiotherapeutin abgeschlossen und ein Psychologie-Studium absolviert hat, obwohl sie längst vom Fußball leben könnte, will sich halt nicht verstellen. Das weiß auch ihr Berater Siegfried Dietrich, der gleichzeitig die Vermarktung ihres Klubs 1. FFC Frankfurt vorantreibt: Birgit Prinz könne man nicht verbiegen, dennoch hat er ihr exklusive Werbeverträge verschafft und sie zu einer der weltweit bestverdienenden Fußballerin gemacht.

Die Starrolle wird allein von ihrer sportlichen Ausnahmeleistung gespeist, denn Ausstrahlung und Appeal, mit der gerade ein Galmourgirl wie Fatmire Bajramaj bei der Werbeindustrie offene Türen einrennt, gehen Birgit Prinz ab. Sie bildet weiter den Kontraprodukt zu jungen Fußballerinnen, die sich noch vor einer Partie vor den Spiegel stellen und schminken.
„Ich mag den ganzen Schnickschnack nicht. Ich konzentriere mich auf den Fußball und möchte auch nur über Fußball reden und nicht über mein Privatleben reden."

Auch beim Medientag des Verbandes hat sie diese Haltung bekräftigt. Am liebsten würde sie so wenig Interviews wie möglich geben. Aber wenn sich die Frauen-Nationalmannschaft nun am Dienstag in Berlin im Grand Hotel Esplanade am Lützowufer trifft und dann täglich aus einem Autohaus am Salzufer Pressekonferenz abzuhalten sind, wird sich auch die Mittelstürmerin und Spielführerin mindestens einmal den Fragen stellen müssen. Es gibt ja aktuell eine ganz drängende: Ist Birgit Prinz, die 212-fache Nationalspielerin und Rekordtorschützin, noch gut genug, um zum Eröffnungsspiel gegen Kanada (26. Juni) von Beginn an zu spielen?

Bundestrainerin Silvia Neid hat auch gesehen, dass ihre Nummer neun den bisherigen 128 Toren im Nationaltrikot nun in den Testspielen keines hinzugefügt hat, während die 13 Jahre jüngere Überfliegerin Alexandra Popp nach Belieben traf und jene Dynamik und Durchschlagskraft in die Waagschale warf, die einst Birgit Prinz auszeichneten. „Diese Startelf-Diskussion kann ich nicht mehr hören“, sagte der ausgewechselte Anti-Star nach dem 3:0 gegen Norwegen in Mainz leicht gereizt. Droht ihr die Bank? „Dann wäre das halt so. Ich mache mich nicht verrückt.“

Aber dass ausgerechnet sie, die seit 17 Jahren im Nationalteam spielt, nun zur Heim-WM im eigenen Land nicht mehr gut genug für die erste Elf ist, scheint irgendwie schwer vorstellbar. Deshalb erklärt auch Doris Fitschen, die Nationalmannschaftsmanagerin: „Allein ihr Name flößt jedem Gegner Respekt ein.“ Eigentlich will Birgit Prinz mit dem dritten WM-Titel abtreten, „wenn wir Weltmeister werden sollten, wäre es sicher einfach aufzuhören“, sagt sie.

„Birgit Prinz wird nach der WM entscheiden, ob sie weitermacht oder beratend oder repräsentativ für unseren Verein tätig sein kann", sagt ihr Vertrauter und Berater Siegfried Dietrich. Druck machen wird er ihr nicht. Den hat Deutschlands bekannteste Fußballerin gerade genug.
 

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